Aminata und Fritz erkunden die Welt
(10)

Bei den Massai

Konzept Narcisse Djakam; Text Oliver H. Herde

Anderntags fahren Aminata, Fritz und ihre Eltern mit Gebhard in die Massai-Steppe. Er kennt sich hier aus, denn auch hier hat der Onkel gute Freunde gewonnen.
Von Ferne können sie endlich einige Büffel sehen, ebenso mancherlei verschiedene Vögel und gar zwei Giraffen. Immer wieder bleibt der Wagen stehen, damit alle in Ruhe schauen können. Mit der Kamera des Vaters darf Fritz viele Fotos und Filme aufnehmen. Zwar staunt Aminata über das technische kleine Spielzeug und findet es lustig, sich selbst einmal daran zu versuchen, aber so recht nützlich kommt es ihr dann doch nicht vor. "Die Tiere sind ja so winzig darin!" findet sie. "Ohne das Ding sieht man sie doch weit besser!"

Später zieht eine Gruppe von Massai vorüber, Angehörigen eines in Tansania und Kenia verbreiteten Volksstammes. Die Männer tragen große Decken oder Tücher ähnlich wie Umhänge, die vor allem in roten und violetten Tönen gehalten sind. Jeder von ihnen hält einen Stab oder eine Lanze.
"Vielleicht sind sie auf dem Weg zur Jagd, aber vermutlich patrouillieren sie nur etwas umher", erklärt Gebhard.

Bei ein paar Lehmhütten wird angehalten. Hier wohnt niemand mehr; die Gebäude dienen nur noch den Touristen zur Anschauung. Lediglich ein einheimischer guter Bekannter Gebhards führt die Besucher umher und erklärt allerlei.
Aminata und Fritz kommt das alles sehr ärmlich vor. Sie wundern sich darüber, dass die Massai ihre alte Lebensweise behalten wollen, anstatt die Segnungen der Zivilisation zu übernehmen. Denn, so stellt der Fremdenführer klar, es liegt nicht bloß am Geld, sondern ist eine bewusste Entscheidung der Massai. Sie wollen sich nicht von der Regierung oder irgendwelchen Geldgebern vertreiben oder ihre Gebräuche vorschreiben lassen.

Am Abend wieder im Hotel, drückt Fritz gegenüber den Eltern sein Mitleid mit den Massai aus: "Die sind ja noch ärmer als die Leute in Aminatas Dorf! Das hat sogar sie gemerkt!"
"Es ist einfach eine andere Lebensweise", beruhigt die Mutter. "Geld und überhaupt Besitz sind nicht die einzigen Merkmale von Wohlstand, den die Massai nach der Zahl ihrer Rinder bemessen. Zufriedenheit jedoch lässt sich nicht kaufen, denn dann will der Mensch nur immer mehr und kann deswegen nie ganz zufrieden sein. Dabei sind Freundschaften und Freiheit ja um ein Vielfaches wichtigere Voraussetzungen. Außerdem werden die Massai auch seltener krank als wir, weil sie natürlicher leben und dadurch ein besser geübtes Immunsystem haben. Tansania hat innerhalb Afrikas eine der höchsten durchschnittlichen Lebenserwartungen."
Das kann auch der Vater bestätigen: "Ja, unsere medizinischen Möglichkeiten sind zwar toll, aber oft wird etwas viel zu schnell und zu viel behandelt und mit Medikamenten, Therapien oder Operationen mehr Schaden angerichtet als geheilt. Und schau dir die anderen Nebenwirkungen der modernen Gesellschaft an! Die Umweltverschmutzung macht die Welt nicht nur hässlicher - sie schadet auch unserer Gesundheit, und das mehr als es irgendwelche Krankheitserreger könnten."
Zwar fällt es Fritz noch immer sich vorzustellen schwer, ein Leben wie ein Massai oder auch nur wie Aminata zu führen - so ganz ohne Comics und Computerspiele - aber denen geht es ja offenbar umgekehrt ebenso. Es hängt wohl sehr viel davon ab, wie man aufwächst und was man gewöhnt ist.

Fortsetzung: Wir sind alle verschieden


Diese Geschichte erschien auch im Kiezboten.
© Text: Oliver H. Herde, Narcisse Djakam
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