Aminata und Fritz erkunden die Welt
(9)

Kennenlernen

Konzept Narcisse Djakam; Text Oliver H. Herde

Aminata staunt nicht schlecht, als sie die Gäste aus Deutschland sieht: Die sind ja wirklich alle noch etwas bleicher als Gebhard! Aber sie wirken alle drei sehr freundlich. Der Junge kommt ihr sogar fast ein bisschen furchtsam, jedoch auch neugierig vor. Da will Aminata einen guten Eindruck hinterlassen und ihm zeigen, wie schön sie hier lebt.
Nachdem Gebhard die Kinder und Eltern einander vorgestellt hat, führt Aminata ihren Gast Fritz ein wenig im Dorf herum. Auch hier sind es keine Hütten aus Lehm und Stroh wie in manchen Filmen. Aber sie erscheinen Fritz ziemlich klein und schlicht. Ebenso kommt es ihm bei der Kleidung der Leute vor, die in seinen Augen abgetragen und unmodern aussieht. Natürlich behält er dies für sich, da er die nette Aminata nicht kränken möchte.
Die Spiele, welche sie und die anderen Kinder im Dorf ihm zeigen, finden alle im Freien statt und brauchen wenig Zubehör, vielleicht mal ein Stück Kreide, ein paar Murmeln oder eine Wäscheleine. Ähnliche Beschäftigung kennt er vom Schulhof her, aber Handys und Computer bekommt er hier nicht zu Gesicht.
Etwas besonderer ist da schon das Bao-Spiel. Es besteht aus vierzehn Mulden im Boden: zweimal sechs nebeneinander, sowie an den Enden je eine größere. In den mittleren Löchern liegen zu Beginn jeweils sechs Steine. Mit ihrer Freundin Jagodia führt Aminata vor, wie man nun spielt. Jedem gehört eine Reihe und eine Endmulde, das Heimfeld. Man darf aus einer der mittleren Kuhlen die Steine gegen den Uhrzeigersinn in die nächsten verteilen. Nach bestimmten Regeln muss man versuchen, mehr Steine als der andere in das eigene Heimfeld zu bekommen.
Nachdem Aminata ihre Freundin besiegt hat, darf Fritz es auch einmal versuchen, allerdings schneidet er beim ersten Mal noch schlechter als Jagodia ab. Danach wird er langsam besser. Trotzdem gewinnt immer Aminata. Sie ist eben eine der besten hier im Dorf, erklärt sie selbstbewusst lächelnd.
Fußball wird später auch noch gespielt - bloß nicht mit einem echten weißen Fußball mit schwarzen Sechsecken darauf. Der Ball der Dorfkinder ist hellblau mit weißen Punkten, aber genau so rund, also macht es Fritz alsbald denselben Spaß wie daheim. Vielleicht sogar ein klein wenig mehr, weil man es hier mit den Regeln nicht so genau nimmt. Dadurch wird es abwechslungsreicher, lustiger und abenteuerlicher.

Später zeigt Aminata ihrem neuen Freund auch noch ihr Zuhause. Da ist nicht viel Platz, findet Fritz. "Habt ihr gar keinen Fernseher?" will er nun doch sehr verwundert wissen.
"Nein, sowas brauchen wir hier nicht", gibt Aminata selbstbewusst zurück. "Ein Onkel von mir in Moschi hat einen. Aber wenn wir bei ihm sind, spiele ich viel lieber mit seinen Kindern. So lange könnte ich gar nicht stillsitzen. Außer, wenn mein Onkel uns wieder eine spannende Geschichte erzählt."
Ob das wohl an einen guten Western oder Piratenfilm herankommt? Fritz bleibt erst einmal skeptisch.

Fortsetzung: Bei den Massai


Diese Geschichte erschien auch im Kiezboten.
© Text: Oliver H. Herde, Narcisse Djakam
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