Cassius Dio Cocceianus

44,1-2

1) All diese Maßnahmen traf Caesar als Vorbereitung zum Partherkrieg. Verderbliche Wut indessen, welche gewisse Menschen aus Neid gegen seinen Aufstieg und aus Hass wegen seiner Vorzugsstellung ihnen gegenüber befiel, veranlasste seinen Tod auf rechtswidrige Weise und fügte einen neuen Namen in die Geschichte der Niedertracht. Sie zerstreute die Beschlüsse in alle Winde und brachte nach einem Zeitraum der Einigkeit erneut Aufstände und Bürgerkriege über die Römer. Zwar erklärten die Täter, sie hätten sich gleichzeitig als Mörder Caesars wie als Befreier des Volkes erwiesen, in Wahrheit vollführten sie jedoch einen ruchlosen Anschlag gegen ihn und versetzten die Stadt in Aufruhr, als sie sich endlich eines festen Regiments erfreute.
2) Demokratie hat ja zwar einen schönklingenden Namen und erweckt den Eindruck, als bringe sie allen durch gleiche Gesetze auch gleiche Rechte, in ihren Ergebnissen aber zeigt sich, dass sie mit ihrem Namen nichts zu tun hat. Im Gegensatz dazu hat Alleinherrschaft einen bösen Klang, sie ist aber eine sehr geeignete Staatsform, um darunter zu leben. Denn es ist leichter, einen einzigen tüchtigen Mann als deren viele zu finden, und wenn selbst dies einigen als schwieriges Unternehmen erscheint, so muss doch unbedingt die andere Möglichkeit einmütig für ausgeschlossen betrachtet werden; ist es ja der Mehrzahl von Menschen nicht gegeben, Tugend zu erwerben. Und sogar wenn ein minderwertiger Mensch Selbstherrscher werden sollte, ist er nichtsdestoweniger der Masse gleichgestellter Menschen vorzuziehen, wie es dies die Geschichte der Griechen und Barbaren und selbst der Römer erweist. Denn Erfolge wurden jederzeit den Städten wie den Einzelmenschen von seiten der Könige in viel größerem Umfang und reicherer Zahl als unter der Volksherrschaft zuteil, und Unglücksfälle ereignen sich seltener bei Monarchien, als wenn die Masse regiert. In der Tat, sofern je überhaupt eine Demokratie eine Blütezeit erlebte, währte diese nur kurz, lediglich so lange, als die Menge weder über die hinreichende Zahl noch Macht verfügte, so dass kein Frevelsinn als Folge von Wohlergehen und keine Eifersucht als Ergebnis des Ehrgeizes unter den Menschen entstehen konnten.
Was aber nun eine Stadt anlangt, die nicht nur an sich so groß ist, sondern auch über den schönsten und umfangreichsten Teil der bekannten Welt herrscht, eine Stadt, die Einwohner mit zahlreichen, verschiedenartigen Naturanlagen besitzt, die eine Menge riesiger Reichtümer ihr eigen nennt, die im privaten wie im öffentlichen Leben alle nur denkbaren Beschäftigungen und Lebensschicksale aufweist - für eine derartige Stadt ist es ein Ding der Unmöglichkeit, unter einer demokratischen Verfassung Besonnenheit walten zu lassen, und noch weniger ist damit zu rechnen, dass das Volk, wenn ihm die Besonnenheit fehlt, die Einigkeit bewahrt.
Hätten daher Marcus Brutus und Gaius Cassius nur darauf geachtet, dann hätten sie niemals den Führer und Beschützer der Stadt ermordet und nicht unendliches Unglück über sich selbst und den ganzen damals lebenden Rest der Menschheit gebracht.


Quellenliste