Thukydides

1,7-10

7) Nach diesem Kampf in Plataiai, womit nun augenfällig der Vertrag gebrochen war, rüsteten sich die Athener zum Kriege, rüsteten auch die Lakedaimonier mit ihren Verbündeten. Sie bereiteten Gesandtschaften vor zum Großkönig und anderwärts zu den Barbaren, von wo beide sich durch irgendeine Hilfe zu verstärken hofften, und schlossen Bündnisse mit den Städten, die bisher außerhalb ihres Machtbereiches lagen. Für Lakedaimon mussten seine italischen und sikilischen Parteigänger zu den schon im Peloponnes vorhandenen Schiffen noch 200 neue bauen, je nach der Größe jeder Stadt, damit eine Gesamtzahl von 500 erreicht würde, ferner festgesetzte Summen aufbringen, sich im übrigen friedlich halten und sogar die Athener mit einem Schiff einlaufen lassen, bis alles bereit wäre. Athen überprüfte seinen ganzen Bund und besandte hauptsächlich die Orte um den Peloponnes, Kerkyra, Kephallenia, die Akarnanen, Zakynthos, um zu sehen, ob diese ihnen zuverlässig ergeben seien, denn von ringsum wollten sie den Peloponnes niederkämpfen.
8) Kleinliche Pläne gab es weder hüben noch drüben, alle wollten für den Krieg ihr Bestes geben, begreiflich. Am Anfang packt jeder schärfer zu, und damals war viel Jugend im Peloponnes, viel in Athen, die nicht ungern, da sie ihn nicht kannte, den Krieg aufnahm. Das ganze übrige Hellas war in Spannung bei diesem Waffengang der ersten Städte. Viele Göttersprüche gingen um, viele Weissagungen sangen die Sänger in den Städten, die sich zum Kriege anschickten, wie in den anderen. Dann hatte auch Delos kurz vorher gebebt, das früher nie erschüttert war, seit Hellenen sich erinnern. Es hieß und fand Glauben, das sei ein Vorzeichen des Bevorstehenden, und was sonst noch an Zufällen dieser Art vorkam, alles wurde hervorgezogen. Mit dem Herzen standen weitaus die meisten Menschen auf seiten der Lakedaimonier, zumal sie auch auftraten als die Befreier von Hellas. Kein Einzelner, keine Stadt, die sich nicht beeifert hätte, mit Wort oder Tat sie irgendwie zu fördern, und jeden deuchte der Gang der Dinge überall dort gelähmt, wo er nicht selbst dabei wäre. Solchen Hass hatten die meisten auf Athen, die einen im Wunsch, das Joch abzuschütteln, die andern in Furcht vor der Unterjochung.
9) Dies also waren die Rüstungen und Stimmungen, von denen sie ausgingen. Bündnisse hatten die beiden Teile bei Ausbruch des Krieges mit folgenden Städten: Mit Lakedaimon kämpften die Peloponnesier innerhalb der Landenge alle außer Argos und Achaia. Diese hielten Freundschaft mit beiden Seiten; von den Achaiern focht nur Pellene von Anfang an mit, später dann auch die übrigen. Außerhalb des Peloponnes Megara, Boiotien, Lokris und Phokis, Amprakia, Leukas, Anaktorion. Von diesen stellten eine Flotte Korinth, Megara, Sikyon, Pellene, Elis, Amprakia und Leukas, Reiterei Boiotien, Phokis und Lokris, die andern Städte Fußvolk. Dies der Kampfbund Lakedaimons.
Zu Athen hielten Chios, Lesbos, Plataia, die Messenier in Naupaktos, die meisten Akarnanen, Kerkyra, Zakynthos, dazu die Untertanenstädte erstens an der karischen Küste, dann die Karien benachbarten dorischen, ferner die in Ionien, am Hellespont, gegen Thrakien und schließlich die Inseln zwischen Peloponnes und Kreta gegen Morgen alle außer Melos und Thera. Von diesen stellten Flotten Chios, Lesbos und Kerkyra, die andern Fußvolk und Geld. Dies waren auf beiden Seiten die Bündnisse und Streitkräfte für den Krieg.
10) Gleich nach dem Überfall auf Plataia sandte nun Lakedaimon seine Boten rings im Peloponnes herum und bei den Verbündeten außerhalb, die Städte sollten ihre Truppen aufbieten und mit der nötigen Nahrung ausstatten für einen Ausmarsch außer Landes, sie wollten in Attika einbrechen. Als alle fertig waren, sammelten sich zur festgesetzten Zeit zwei Drittel der Heeresstärke jeder Stadt auf der Landenge. Und nachdem das ganze Heer beisammen war, berief der Lakedaimonierkönig Archidamos, der diesen Auszug anführte, die Feldherren aller Städte und die maßgebenden und angesehendsten Männer zu dieser Ansprache:...


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