In meinem letzten Schuljahr wagte unsere Deutschlehrerin den Versuch, uns Gotthold Ephraim Lessings 'Nathan der Weise' nahezubringen. In diesem Rahmen sollten wir eine Zusammenfassung der darin vorkommenden Ringparabel verfassen. Das allein aber war mir zu langweilig. So entstand zusätzlich die Ginparabel, von der man allerdings vielleicht manches nur versteht, wenn man noch die Medien der frühen 80er kennt...

Die Ringparabel

(Zusammenfassung des Originals)
(Achtung! Das ist noch nicht komisch! Nur lesen, wenn nicht bekannt! Akute Kulturschockgefahr!)

Ein Mann besaß einen kostbaren Ring, mit einem funkelnden Opal. Dieser Edelstein hatte die Kraft, seinen Träger bei jedermann beliebt zu machen. Der Mann kannte die Kraft und legte deshalb den Ring niemals ab. Vor seinem Tod gab er ihn seinem liebsten Sohn und sagte ihm, er solle das gleiche vor seinem Tod tun. Auch bestimmte er, daß der jeweilige Erbe des Ringes auch Herr des Hauses sein solle. Auf diese Weise wurde der Ring von Generation zu Generation weitergegeben bis einer ihn erhielt, dem seine drei Söhne alle gleich lieb waren. Nur wenn er mit einem allein war, schien ihm dieser den Ring mehr zu verdienen, als die beiden anderen, und so versprach er auch jedem den Ring. Als nun sein Tod näherrückte, wollte der Vater nicht zwei Söhne enttäuschen und ließ bei einem Juwelier Nachbildungen des Ringes anfertigen, die er später selbst nicht vom Original unterscheiden konnte. So erhielt jeder Sohn einen Ring. Nach dem Tod des Vaters kam es zum unvermeidlichen Streit um die Herrschaft des Hauses, der schließlich einem Richter vorgetragen wurde. Der Richter versuchte den Ring zu finden, indem er die Söhne fragte, wen sie am liebsten hätten, doch liebte jeder sich selbst am meisten. "Dann sind alle Ringe falsch", stellte der Richter fest und beschloss, die Brüder sollten sich trennen und jeder für sich an seinen Ring glauben. In tausend Jahren sollten sich ihre Kindeskinder wieder treffen, wenn ein weiserer Mann auf dem Richterstuhl säße, und der solle dann entscheiden.

Die Ginparabel

(Vernünftigste Parodie der Welt, verfasst von Oliver H. Herde in NUR NOCH 3,- Stunden)

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis...
Frank Norbert Stein lebte mit seiner Quelle-Familie des Monats in einem Ein-Familien-Asteroiden. Eines Tages gewann er in der Fernsehlotterie eine Flasche Gin der Marke 'Johnny Wackler', der eine besondere Kraft innewohnte. Jeder, der daraus trank, wurde von jedermann geliebt und verehrt. Als die Flasche leer war, füllte er sie mit Leberkleister wieder auf und stellte fest, dass die Wirkung immer noch die gleiche war. Von nun an füllte er die Flasche regelmäßig mit beliebigen hochprozentigen alkoholischen Getränken und legte sie nicht mehr von sich.
Nach seinem überraschend frühen Tode vererbte er sie seinem liebsten Sohn, der nun gleichzeitig auch der Hausherr wurde. So wurde die Flasche weitergegeben.
Ein Ur-Ur-Enkel von Frank N. Stein bekam aber drei Söhne - sie hießen Erich, Willi und Harald - die ihm alle gleich lieb und die alle gleich versoffen waren. Nur wenn er mit einem allein war, schien ihm dieser die Flasche mehr zu verdienen als die beiden anderen, weshalb er dummerweise jedem seiner Söhne die Flasche versprach.
Als der Tod nun näherrückte, begab der Vater sich in eine Glasbläserei, um zwei Nachbildungen anfertigen zu lassen. Tatsächlich konnte er die drei Flaschen später selbst nicht voneinander unterscheiden, denn auch das Etikett mit der Gütegarantie und der Aufschrift 'Mit dem neutralen PH-Wert und der Bioformel im bewährten TAED-System', sowie die Versicherung 'Empfohlen von allen führenden Entziehungsanstalten' war perfekt kopiert worden.
Der Glasbläser wanderte übrigens am nächsten Tag aus unbekannten Gründen zum Andromeda-Nebel aus.
So erhielt jeder Sohn eine Flasche. Kurz darauf verstarb der Vater an versagender Leber. Sowie man jedoch den grinsenden Totengräber ausgezahlt hatte, ging die Streiterei um die Hausherrschaft los. Schließlich musste der Fall einem Richter vorgetragen werden. Dieser war heute wieder cool und lässig, denn er hatte Denim genommen. "Nun, meine Herren", begann er, "in ihren Weinen sind also Frostschutzmittel festgestellt worden..."
"Nein, nein", unterbrach der Gerichtsdiener den zerstreuten Richter. "Das ist die falsche Akte."
Nach einiger Zeit des folgenden Durcheinandergeredes war der Richter endlich mit dem Fall vertraut. "Wer von euch wird von den beiden anderen am meisten geliebt?" fragte er listig die Brüder und holte mit einem gierigen Blick eine Kinder-Milchschnitte aus der Schublade. Da torkelten die drei auf eine im Saal befindliche Spiegelwand zu und begannen, ihre Spiegelbilder abzuknutschen.
"Igitt", schrie der Richter entsetzt. "Ruft sofort Meister Propper, den Hauswart." Kurz darauf erschien ein kahlköpfiger Typ, um seinen ätzenden Zitronensaft mit einem Schrubber auf dem Spiegel zu verteilen, womit er ihn endgültig ruinierte.
Der Richter überlegte: `Anscheinend sind alle Flaschen falsch' und wandte sich dann wieder an die drei Brüder: "Jeder von euch soll von mir aus seine Flasche für die echte halten, und um weiterem Streit vorzubeugen, empfehle ich euch erstens, euch zu trennen und zweitens, zwei Aspirin zu nehmen, euch ins Bett zu legen und mich in ein paar tausend Jahren wieder anzurufen."
Für den Interessierten sei gesagt: Harald ging zum ZDF, Willi ging zur SPD und Erich war eines Tages so besoffen, dass er in der DDR verschwand, wo er seither sein Unwesen treibt.


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