7.9.

[20.6.09 - 8:26

Bei Thilos vormittäglichem Referat würde ich mich gern an mehr erinnern. Es ging um die Essgewohnheiten der Römer und war somit nicht nur erfrischend lustig gehalten, sondern auch praktisch informativ. Nach der Exkursion versuchte ich damals noch eine Zeitlang, an den Text zu kommen, aber leider wollte Thilo ihn nicht einfach so herausrücken. Vielleicht habe ich auch zu unbeholfen gefragt.
Schauplatz des Referates war jedenfalls der Rest eines antiken Theaterrundes. Man konnte noch die Umgänge unter den Rängen begehen oder auch einfach im saftig grünen Grase des Bühnenraumes sitzen. Eine sehr angenehme und fast ein wenig märchenhafte Atmosphäre.
Im Anschluss muss recht viel unglücklich gelaufen sein, wenn man meinem Vermerk 'Desastertag' Glauben schenken möchte. Die im Bus umherrollenden Flaschen kann ich damit schwerlich gemeint haben. Ein Kran, ein Kreuzgang, ein Tümpel spielten irgendwelche erwähnenswerten Nebenrollen, an welche ich mich nicht einmal mehr mit Einzelbildern zu erinnern weiß. Mit Annette wurde ein - gewiss angenehmes - Gespräch geführt.
Später verwunderte ich mich irgendwo über das Vorhandensein von Reis. Möglicherweise handelte es sich um vor einem Kircheingang befindlichen Körnern; dann fiele mir die Erklärung inzwischen leicht. Ob ich von derlei abendländischen Hochzeitsriten dereinst noch so wenig wusste, vermag ich nicht zu beurteilen. Mit dem Reis kann auch eine völlig andere Szenerie verbunden gewesen sein.
Weitere unergiebige Stichwörter will ich dem Leser lieber ersparen.
Es dürfte dieser Tag gewesen sein, an welchem sich unser Bus eine Autobahnausfahrt hinaufverirrte. Mitschuld daran trug der geringe Verkehr zu dieser Stunde, doch bot er andererseits zugleich die Möglichkeit, auch rasch wieder zu wenden, als das Missgeschick - zum Glück sehr frühzeitig - bemerkt wurde.
Als wir dann die anderen Busse an einem (besonders) unbedeutenden Kirchlein einholten, herrschte dort bereits schlechte Stimmung, und es wurde schnell weitergefahren. Erst nach und nach klärte sich, was dort brodelte: Dahlheim versuchte, uns Land und Leute näherzubringen, indem er unscheinbare Plätze und Dörfer aufsuchte. Mir erschien das eigentlich recht erholsam, zumal man dabei eine größere Portion Natur abbekam. Leider gab es jedoch in den anderen Bussen einige Studenten, welche dafür kein Verständnis aufbrachten, lieber weitere Touristenattraktionen fotografieren wollten und nach dem Sinn dieser vermeintlichen Irrfahrt fragten. Entsprechend verärgert reagierte Dahlheim. Schade um einen Tag, der weit gemütlicher hätte werden können.]

20:01

Während im Fernsehen wieder über Mururoa gezankt wird, schneide ich mir die Fingernägel. Größere Aufmerksamkeit haben Politiker meines Erachtens auch nicht verdient. Meine persönliche Meinung interessiert den Herrn Chirac ja auch nicht.

20:10

Noch immer mit etwas Freizeit gesegnet, widme ich mich der Fertigstellung des Buswappens. Freilich sollte man es dann irgendwo aufhängen können. Klebeband wird jetzt schwer zu beschaffen sein. Mit Petras Schnur vielleicht? Man müsste das Wappen mit Löchern versehen und dann daran auffädeln. Jene sollten es aber nicht beschädigen. Einen Locher wird niemand dabei haben.
Alsbald komme ich auf eine praktikable Lösung: Ich werde mit einer Nadel einen Faden durchs Wappen ziehen. Selbige müssen natürlich erst aufgetrieben werden. Von meinen Zimmergenossen habe ich da nichts zu erwarten, folglich platze ich kurz darauf bei unseren vier Busmädels herein. Dort läuft Steffi gerade in Unterwäsche umher, woran ich mich nicht weiter störe. Tatsächlich erhalte ich flugs das gesuchte Zubehör.
Mit dieser Ausstattung fertige ich auch gleich noch eine Art Girlande aus Schnipseln mit den Bus-Rollennamen.

21:13

Schon wieder wird der Abend durch eine kleine Feier beschlossen. Für meine bei dieser Gelegenheit gleich präsentierte kleine Bastelei ernte ich erfreuliche Anerkennung und Begeisterung von der Mannschaft. Steffi prägt sogar den Begriff der Bus-Devotionalien!

21:58

Die Mädels kippen sich so viel hinter die Binde, dass sie langsam allesamt zu lallen beginnen. Für Stefan und mich ist dies Anlass genug, sie sich und ihrem Alkohol zu überlassen und einen kleinen Abendspaziergang mit neuerlich tiefschürfendem Gespräch zu unternehmen.

Zum vierzehnten Tag


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© Oliver H. Herde
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