Wüstensohn in Fesseln

Ein erotischer Abenteuerroman von Seiner Magnibilität Yashkir al-Yeshinna el Yiyimris

Kapitel 1

Als er die Augen aufschlug, drehte sich alles um ihn. Nur langsam wurde ihm bewusst, dass hierzu nicht sein Zelt mit der vielfältigen Einichtung gehörte, wie es eigentlich sein sollte. Statt dessen lag er im Wüstensand unter blauem Himmel! Dunkel konnte er sich noch erinnern, eine Blume auf seiner Schlafstatt gefunden und daran gerochen zu haben.
Über diese Erkenntnis verstört, wollte er sich aufrichten, allerdings hielt etwas seine Hände auf dem Rücken zusammen. Wie er sich nun verdrehte, die Ursache zu beschauen, fiel sein Blick auf eine nahebei sitzende Gestalt, die sich fast schwarz vom sengenden Tagesgestirn dahinter abhob. Kleidung und Waffen zufolge, handelte es sich unzweifelhaft um einen Wüstenkrieger, doch der Gefangene konnte noch keine Stammes- oder Sippenzeichen ausmachen.
"Wer bist du? Warum bin ich gebunden?"
"Ist es recht", erwiderte zu seinem Erstaunen eine rauhe und strenge, doch unverkennbar weibliche Stimme, "wenn der Gefangene seinen Entführer duzt?"
"Unverschämte! Lass mich sofort frei! Sonst wird dich mein Vater, der Scheik..."
Mit dem Fuß auf seinem Hals drückte sie ihn nieder. "Ja, erzähle mir von deinem Vater, Abu ben Nebahath! Wie finde ich ihn?"
"Ich weiß nicht, wo er gerade kämpft", musste der Gefragte einräumen.
Die Frau rückte etwas näher an ihn heran. "Dem dritten Sohn erzählt er wohl nicht viel, was?"
Zwischen ihrem Turban und dessen Schleiertuch konnte Abu nun ihre großen, grimmigen Augen wie tiefe Brunnen sehen. Während er noch nach einer möglichst wenig beschämenden Antwort suchte, packte sie ihn plötzlich am Kinn. "Warum trägst du keine Stammeszeichen?"
Verlegen senkte er den Blick. Die Einritzung der Haut an Stirn oder Wangen erfolgte gewöhnlich, nachdem ein Junge sich als Mann und Krieger bewährte. "Ich hatte noch keine Gelegenheit..."
"Was! Du musst doch bald zwanzig sein! Und doch hast du nicht einmal einen Bart!"
Noch kleinlauter erwidetre Abu: "Ich bin einundzwanzig, aber... Mir will keiner wachsen."
Verächtlich ließ sie ihn los, als werfe sie etwas weg. "Eigentlich wollte ich dich enthaupten und deinen Kopf deinem Vater schicken, wenn ich genug gehört habe. Aber du weißt nichts, und dein Tod bringt mir keine Ehre."
Fassungslos starrte Abu zu seiner Entführerin auf. "Warum dieser Hass?"
"Dein Vater hat meine Sippe ausrotten lassen."
Betroffen schwieg Abu. Eine Achmad'Sunni also, eine Rächerin und Kriegerin. Während sie sich jedoch zu ihrem in der Nähe hockenden Kamel abwandte, wurde ihm klar, dass sie ihn wohl kaum in sein Zelt zurückbringen würde. Wollte sie ihn allein in der Wüste zurücklassen!? "Was... Was habt Ihr vor?"
Sie drehte sich schon wieder ihm zu, Seile und einen breiten Ledergürtel in Händen. "Vielleicht taugst du als Sklave."
"Waaas!?"
Ihre Augen funkelten geradezu vergnügt. Dank seiner Bestürzung hatte sich ihr Entschluss von einer Notlösung hin zu einem reizvollen Gedanken gewandelt. Mochte Abu ben Nebahath seine Sippe auch nicht wirlich vertreten können, sollte er dennoch einstweilen für sie vertretend Demütigungen erleiden. Wie ein bedrohlicher Schatten kam sie über ihn, so geschwind, dass er nicht mehr aufzustehen vermochte und nur flüchtend ein wenig über den Boden rutschte. Unerbittlich schlang sie eines der beiden Seile um seinen Oberkörper, die Arme eng daran festzubinden.
"Hört auf, ich bitte Euch!" versuchte er es mit flehen.
"Als erstes wirst du lernen müssen, mich 'Herrin' zu nennen."
"Wenn mein Vater das erfährt...!"
"Dafür werde ich noch zu sorgen haben", unterbrach sie keck und drückte ihn wieder ganz zu Boden. Dann setzte sie sich auf ihn, legte ihm den breiten Gürtel um den Hals und zog diesen durch die Schnalle, so weit es ging. Natürlich blieb so gut die Hälfte der Länge übrig, weswegen sie ihn noch ein zweites Mal um den Hals und wieder durch die Schnalle wand.
Im Anschluss knotete sie daran ein Ende des zweiten Seiles. Dies nutzte sie nun als Führungsleine, als sie aufsprang und ihr hilfloses Opfer emporzog. "Auf die Füße, Sklave!" herrschte sie ihn an.
Widerwillig gehorchte er. Was nutzte Widerstand schon ohne eine Vorstellung, wie es bei einer gelungenen Flucht weitergehen sollte.
Gnadenlos zerrte die Achmad'Sunni ihn zu dem wartenden Kamel hinüber. Doch keineswegs gedachte sie, ihn dort irgendwie aufzuladen; sie stieg lediglich selbst auf, und er musste an der Leine geführt nachfolgen.
Zwar hielt die Frau ihr Tier in lockerem Gang, für den schmächtigen Abu in seinen Seidenpantoffeln ließ es sich in dem feinen Wüstensand jedoch schwer treten. "Nicht so schnell!" rief er, um seinen Hals fürchtend. Sie reagierte in keiner Weise, doch konnte sie ihn unmöglich überhört haben. "Bitte!" setzte er hoffnungsvoll an.
"Lerne weiter", kam ihr tonloser Kommentar.
Angestrengt grübelte Abu, was sie meinen mochte. Angesichts dieser verwirrend neuen Situation vermochte er sich nur schwer zu konzentrieren; zu viele Fragen stürmten noch auf ihn ein.
Dann begriff er: "Bitte, Herrin, nicht so schnell!"
Scheinbar ohne jede Regung der Frau verlangsamte das Kamel tatsächlich sogleich seinen Schritt. Verblüfft raunte er ein "Danke."
Schritt um Schritt ging es weiter. Dennoch blickte er sich hilfesuchend um. Sandige Leere ringsum, darüber der wolkenlose Himmel. So schaute Abu wieder auf die Frau. Ihren Rücken zu betrachten, brachte im Grunde wenig Erkenntnisse, außer dass sie Kraft und Ruhe ausstrahlte - und Nichtachtung.

Fortsetzung
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