Wüstensohn in Fesseln

Ein erotischer Abenteuerroman von Seiner Magnibilität Yashkir al-Yeshinna el Yiyimris

Kapitel 5

Welch eine Nacht! Zuerst hatte Abu gar nicht schlafen können. Zum einen war er es nicht gewohnt, in Fesseln zu ruhen, mochte er auch den ganzen Tag welche getragen haben. Zum anderen stellte auch die unmittelbare Nähe zu einer Frau etwas Neues für ihn dar.
Beneidenswert, wie die Kriegerin trotz seiner Herzschläge, welche ihm die gesamte Oase zu erschüttern schienen, so rasch eingeschlummert war! Nun hatte er erst recht nicht mehr gewagt, sich zu regen.
Als die Müdigkeit dann doch gesiegt hatte, suchten ihn seltsame Träume von Geborgenheit und Streicheleien heim, dann wieder von einer Jagd, in welcher er selbst das gehetzte Wild war.
Mehrfach erwachte er. Einmal schien es ihm dabei, als blitzten ihm die Augen seiner Entführerin im Dunkel entgegen.

Am Morgen erwachten sie wohl etwa gleichzeitig, jedenfalls schauten sie sich direkt an. Erst schmunzelte sie vergnügt, aber dann wandte sie den Blick ab, als habe sie eine Blöße gezeigt, welche es zu verstecken galt. Eilig kroch sie aus dem Zelt.
Seine morgendliche Notdurft musste er weiterhin gefesselt verrichten, ebenso das Frühstück.
Nachdem er eigentlich fertig war, breitete sie nahebei ein Tuch aus, auf welchem sie weitere Früchte häufte - mehr, als in die Schale gepasst hätten. Auf seine fragenden Blicke hin erklärte sie: "Ich habe etwas zu erledigen, bei dem du nur hinderlich wärst. Diese Oase liegt genügend abseits von den üblichen Wegen, dass ich dich einen Tag hier allein lassen kann. Zum Abend bin ich wieder zurück."
Abu schaute sie nur aus großen Augen an. Sie wollte ihn schutzlos und allein zurücklassen!? Aber dies könnte auch eine Gelegenheit zur Flucht sein.
Die Herrin befestigte ein Seil an einer Palme - so hoch, dass sie sich etwas dafür strecken musste. Dabei legte sie mehrere Windungen um den Stamm und beidseitig einer Kante, dass es nicht verrutschen konnte. An das andere Ende knüpfte sie Abus Halsband, dass ihm einiger Spielraum blieb. Damit er tagsüber essen und trinken konnte, blieb ihm eine Knebelung erspart. Nachdem sie noch einmal alle Fesseln überprüft und teilweise nachgebessert hatte, verließ sie ihn. Abu schaute ihr noch nach, als sie auf ihrem Kamel auch durch eine Lücke zwischen den Pflanzen kaum mehr zu sehen war.
Furchtbarer Schrecken umklammerte plötzlich seine Brust mehr als die dortigen Bande. Was, wenn sie gar nicht wiederzukehren beabsichtigte!? Doch warum sollte sie ihren wehrlosen Gefangenen belügen? Außerdem hatte sie nicht einmal ihr Zelt abgebaut. Trotzdem vermochte ihn diese Erkenntnis kaum zu beruhigen. Immerhin konnte ihr unterwegs etwas geschehen. Räuber, gefährliche Tiere, Sandstürme.
Nein, er musste sich beruhigen und befreien. Es sollte keine Rolle spielen, ob sie wiederkam oder nicht! Bis zum Abend wollte er nicht mehr hier sein. Noch machte er sich keine ernstlichen Gedanken, wie er die Wüste durchqueren und eine Ansiedelung finden wolle. Allenfalls unterschwellig waren ihm die drohenden Gefahren und Entbehrungen bewusst. Jetzt galt es einstweilen, die Fesseln loszuwerden.
Als erstes begann er mit den Banden an den Fußgelenken, welche keine allzu hohen Anforderungen stellten. Ein paar Verrenkungen später war er sie los.
Dann aber stand er Mauern von Problemem gegenüber. An die Endknoten von Hand- und Oberkörperfesselung war nicht heranzukommen, und er vermochte die Windungen auch nicht zu lockern. Hilfesuchend blickte er umher. Vielleicht sich zuerst an der Leine versuchen? Mit den Händen würde er ihre Enden nicht erreichen, zu hoch hatte seine Entführerin das Seil angebunden. Aber möglicherwise mit den Zähnen?
Er stand auf und begab sich zu der betreffenden Palme. Doch auch auf Zehenspitzen kam er nicht ganz hinauf. Zwei, drei Handbreit fehlten. Ob er das Seil wohl einfach durchbeißen könnte? Probeweise schnappte er danach und nahm es zwischen die Zähne. Doch alles Herumkauen erbrachte kaum sichtbare Ergebnisse. Auf diese Weise würde er Tage benötigen!
Ratlos sah er sich um. Er brauchte etwas Scharfes. Nun wurde ihm auch klar, warum die Kriegerin ihm keine Schüssel gelassen hatte; eine Scherbe wäre jetzt die entscheidende Hilfe gewesen. Er ging Richtung Zelt hinüber, wenn ihn die Leine auch nicht ganz bis dorthin kommen ließ. Soweit er sehen konnte, hatte die Herrin alles sonst mitgenommen.
Ein neuer Hoffnungsschimmer glomm auf, als ihm die Pflanzen ringsum bewusst wurden. Es musste doch ein Dorn oder Stachel aufzutreiben sein! Bald jedoch musste er erkennen, keinen brauchbaren Kaktus in Reichweite zu haben. Als einziges fand er einen Strauch, dessen Dornen leider viel zu klein waren, gegen seine Fesseln etwas auszurichten. Am liebsten hätte er das Gewächs in seinem Zorn ausgerissen, aber er hatte sich bei seinen Befreiungsversuchen bereits wahrlich genug daran gestochen!
Unruhig lief er umher und zerrte an den Banden. Dann ging er zu der Palme, welche gerade den Mittelpunkt seiner Welt markierte, drehte ihr den Rücken zu und versuchte, die Handfesseln am Stamm aufzureiben. Einziger Erfolg blieb, dass er alsbald abrutschte und sich den Unterarm aufschabte. Schmerzerfüllt sprang er von der Palme fort und warf sich in seiner Verzweiflung jammernd zu Boden.

Den Rest des Tages verzichtete er auf Befreiungsbemühungen. Statt dessen versuchte er, sich zu erholen, aß und trank auf die ihm aufgezwungene tierische Art, nutzte bisweilen den kleinen Spielraum zum Füßevertreten und grübelte über sein Schicksal. Vermutlich trug sein kriegerischer Vater die Schuld am Tode der gesamten Familie der Achmad'Sunni, und Abu musste nun dafür zahlen, obgleich er doch nie jemanden auch nur verletzt hatte.
Zäh vergingen die Stunden, in welchen er das heimische Kleingetier zu beobachten begann. Gegen Abend jedoch wurde er wieder zunehmend unruhig. Wo blieb die Herrin nur! Wenn sie ihn nun doch belogen hatte und nicht wiederkehrte? Aber dann hätte sie das Zelt mitgenommen. Dennoch mochte etwas geschehen sein, das ihre Rückkehr unmöglich machte. Schreckliche Furcht ergriff sein Herz. Was sollte er dann tun!?
Sein erster Gedanke war, weitere Verletzungen zu riskieren und sich mit aller Gewalt zu befreien. Sogleich rief er sich wieder zu Ruhe und Geduld auf. Solches konnte er notfalls morgen früh noch immer tun. Vielleicht würde er dann ausgeruhter an die Sache herangehen können - falls er des Nachts denn ein Auge zu schließen vermochte.

Die Dämmerung war dem Mondlicht gewichen, als Abu noch immer allein umherschritt und nach seiner Herrin Ausschau hielt. Nichts konnte ihn mehr ruhig sitzen lassen, denn inzwischen sorgte er sich geradezu, was geschehen sein mochte. Aufgebracht malte er sich aus, was er morgen wohl alles anstellen müsste, sich zu befreien. Zudem musste er ja noch die Wüste durchqueren, ohne so recht zu wissen, wo er eigentlich war.
Ein Geräusch ließ ihn herumfahren. Dort stand ihm nun die Herrin gegenüber und blickte ihn ernst, dann zunehmend verwundert an. Zunächst merkte er dies kaum. So sehr erleichterte ihn ihre Rückkehr, dass er sie freudvoll anstrahlte und ein paar eilige Schritte auf sie zu tat. Erst dann wurde ihm unwillkürlich klar, wen er ja vor sich hatte und wie wenig eine Umarmung angebracht gewesen wäre. Da erschien es passend, von den Fesseln daran gehindert und an die Situation erinnert zu werden.
Schnell hatte sie sich wieder gefasst und sein Verhalten gedanklich beiseitegeschoben. "Auf die Knie!" befahl sie streng.
Völlig von seinen widerstreitenden Gefühlen verwirrt und ihrem Ton überrumpelt, sank er nieder. "Herrin, ich..."
"Schweig!" Sie beschrieb einen Bogen um ihn, zwecks einer Musterung. "Ich hatte recht, vorsichtig zu sein; trotz deiner Lippenbekenntnisse kann ich dir noch nicht trauen." Während sie sprach, nahm sie das kurze Seil auf, mit welchem Abus Füße gefesselt gewesen waren. "Bis du es akzeptierst, meine Sklavin zu sein, werde ich dich besonders sorgsam gefesselt halten. Auf den Bauch!"
Schnaufend setzte Abu sich neben seine angewinkelten Beine und rollte sich dann seitlich in die befohlene Position. Es zog ihn an den Schrammen, weswegen er leise aufstöhnte.
Schon war die Herrin über ihm und schlang das Seil eng um seine Fußgelenke. "Das hast du nun von deinen Befreiungsversuchen, einfältige Sklavin. Aber du wirst schon noch erkennen, was du nun bist und dass dir kein Willen mehr zusteht."
"Bitte, ich... Ich wollte doch nur..." So recht wusste er gar nicht, wie er sich verteidigen könnte, aber sie fuhr ihm ohnedies über den Mund: "Schweigen sollst du!"
Rasch hatte sie ein Tuch gezogen und einen Knoten in die Mitte geknüpft, welchen sie ihm gegen die Lippen presste. "Mund auf, dummes Stück!" Unbarmherzig zog sie den Knebel an und befestigte ihn in Abus Nacken.
Dann löste sie die Leine und wies mit ausgestrecktem Arm zum Nachtlager: "Ins Zelt mit dir!" Abu schaute etwas verdutzt zu ihr auf, da blaffte sie ihn an: "Sofort!"
Ihm blieb also nichts übrig, als wie ein Wurm dorthin zu kriechen. Seine Herrin derweil begann, das Kamel abzuladen. Trotzdem fühlte er sich beobachtet. Nur sehr langsam kam er vorwärts, da blitzte ihm der Gedanke auf, sich zu rollen müsse doch einfacher gehen. Sogleich probierte er dies aus und fand sich bestätigt, wenngleich dies auf die Dauer gewiss nicht angenehm für die Arme und insbesondere die Schrammen sein würde. Darum drehte er sich nun so, dass er das Ziel nicht mehr vor sich, sondern zur Seite hatte.
Kaum aber hatte er begonnen, dorthin zu rollen, ragte wieder die Herrin über ihm auf. "Du lernst schnell, Sklavin. Aber wir wollen nicht vergessen, wofür du hier bist: um für die Taten deiner Sippe zu büßen." Im Nu hatte sie ihm die Füße nach hinten zu den Händen emporgezerrt und beider Fesseln miteinander verwoben - wie stets mit einem Abschlussknoten außerhalb der Reichweite seiner Finger.
"Nun spute dich, Sklavin!" Lachend kehrte sie Abu den Rücken und bereitete sich noch ein schlichtes Nachtmahl. Bei jenem hatte sie noch reichlich Gelegenheit, ihren Gefangenen genüsslich zu beobachten, wie er sich Fingerbreit um Fingerbreit dem Zelte entgegenquälte.
Immer wieder musste er kurz pausieren, Luft und neue Kraft zu schöpfen. Durch die Krummfesselung noch mehr eingeschränkt, fiel jede Bewegung noch schwerer. Nicht einmal mehr sich mit den Zehen abstützen und vorschieben blieb jetzt noch in seiner kleinen Auswahl an Möglichkeiten, welche er dennoch abwechselnd zu nutzen gezwungen war. Schließlich konnte er nicht immer dieselben Muskeln anstrengen und nicht immer auf dieselben Stellen sienes Körpers Gewicht legen. Weit langsamer als ein Wurm gleicher Größe, eher einer müden Schnecke gleich, kroch er weiter und verlor dabei bald an Zeitgefühl.
Es mochten nur noch wenige Schritt Entfernung verblieben sein, als seine Herrin die Verbindung der Krummfessel wieder löste und ihm so erlaubte, den Rest immerhin gestreckt zurückzulegen. Dies entsprang weniger ihrer Milde als dem Umstand, dass sie mit dem Essen fertig war und nun bald schlafen wollte. Tatsächlich packte sie Abu an den Banden um seinen Oberkörper und schleifte ihn daran direkt ans Zelt, dass er sich nur noch einer Made gleich hineinwinden musste.

Für Abu verlief jene zweite Nacht in Banden nur wenig besser als die vorige. Zu sehr verwirrten ihn seine widerstreitenden Gefühle. Diese starke Frau begann, ihn zu faszinieren. Aber durfte er sich mit seiner neuen Rolle überhaupt abfinden, falls er dies je könnte?

Fortsetzung
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