Wüstensohn in Fesseln
Ein erotischer Abenteuerroman von Seiner Magnibilität Yashkir al-Yeshinna el Yiyimris
Kapitel 11
Ein Stundenglas später verabschiedete die Magierin ihren hochzufriedenen Gast. Wie gewohnt mit Abu an der Leine tauchte Sulibeth ein weiteres Mal in das Gewirr der Gässchen ein.
Sie waren noch nicht allzu weit gekommen - immerhin war es ja ein kleiner Ort - als ihnen vier Männer den Weg verstellten. Sofort erkannte Abu sie als Angehörige seines Stammes, darunter sein gestrenger Vater.
"Es ist also wahr!" schimpfte jener los. "Schändliches Weib!" Für irgendwelche Forderungen schienen ihm die Worte zu fehlen, wie er nun fassungslos auf seinen Sohn starrte.
"Ja, ich verlange..." wollte Sulibeth nun ihrerseits ihre Ansprüche verkünden, doch Nebahath Scheik Halil unterbrach sie brutal: "Schweig! Tötet sie beide! Diese Kreatur ist nicht mein Kind."
Alle fünf zogen sie ihre Krummsäbel, wobei Sulibeth die Führungsleine fallen ließ. "Flieh!" rief sie ihrem Sklaven zu und verstellte den Feinden den Weg. Für Momente verharrte Abu noch schreckensstarr, da wandte sie sich ihm noch einmal zu und herrschte ihn an: "Fliehen sollst du, Sklavin!"
Diesen Augenblick nutzten die Beni Halil für ihren Ausfall. Sulibeth al-Achmad saba Terkef warf sich ihnen entgegen. Auch Abu vermochte endlich wieder, sich zu bewegen. Einer der Männer hielt direkt auf ihn zu. Sein Hieb streifte den Zurückweichenden nur an der Schulter, dann rammte Abu ihn, dass er strauchelte.
'Die Magierin!' schoss es Abu durch den Sinn. Zum Glück hatte die Herrin ihm diesmal keine Fußfesseln angelegt, dass er in weiten Schritten den Weg zurückeilen konnte. Es war ein seltsam fremdes Gefühl aus einer anderen Zeit, solche Bewegungen vollführen zu können.
Schon setzte ihm der Häscher nach. Vergeblich brüllte Abu in seinen Knebel; niemand sonst schien gerade unterwegs, doch vermutlich versteckten sich die Leute von dem nicht einzuschätzenden Tumult.
Am Haus der Magierin warf er sich nach Kräften gegen die Türe und trat dann dagegen, bis sie von einer der beiden Dienerinnen geöffnet wurde. Rastullah sei dank, stand Ismaban asch-Schabra gleich dahinter bereit und schleuderte dem nahenden Verfolger einen Blendzauber entgegen. Während jener sich noch die Augen hielt, schob sie Abu ins Haus. "Kümmere dich um sie!" gebot sie der Sklavin, welche ihn in Empfang nahm und die Tür verriegelte.
Dann griff sie Abus Leine, den anderen Arm legte sie um seine Schultern. "Komm!" raunte sie sanft und führte ihn tiefer hinein. Auch die andere Dienerin erschien nun, doch verschwendeten sie offenbar beide keinen Gedanken daran, ihn zu befreien. Stattdessen verbanden sie seine Wunde. Anschließend legten sie sich mit ihm auf eine Matte, ihn in die Mitte nehmend, und umschlangen ihn mit den Armen.
Nur schwer und wenig vermochte er, sich zu beruhigen, also begannen sie, ihn zu streicheln und auf die Macht ihrer Herrin zu verweisen, die schon alles richten würde. Seine Gedanken jedoch blieben bei seiner Herrin. Sie hatte ihn beschützt gegen den eigenen ihn verleugnenden Vater. Oh, mochte es doch bald wieder ihre Berührung sein, welche er spürte! Hoffentlich konnte sie mit Hilfe der Magierin bestehen! Was sollte ansonsten mit ihm geschehen?
Er hätte nicht sagen können, wie lange sie dort lagen. Irgendwann vernahmen sie ein Klopfen und die Stimme der Hausherrin.
Gerade noch rechtzeitig hatte sie Sulibeth erreicht. Mit astraler Kraft und allerlei Heilkraut und Tränken gingen sie und ihre Dienerinnen gegen die schweren Verwundungen zu Werke. Eine Weile blieb Abu nichts weiter übrig, als ihrer Arbeit noch immer gefesselt und geknebelt beizuwohnen. Erst als eine der Sklavinnen seine Tränen bemerkte, wurde er befreit und durfte helfen.
Nach wenigen Tagen getreulicher Pflege war Sulibeth saba Terkef wieder voll genesen. Lediglich ein paar Narben an ihrem Körper würden zurückbleiben. Während dieser Zeit hatte sie wenig mit Abu gesprochen, doch ihn wohl beobachtet.
"Liebe Sklavin", sprach sie ihn eines Morgens an, als sie sich nun wieder unnötigerweise von ihm beim Ankleiden helfen ließ.
Voller Überraschung blickte er zu ihr auf.
"Ja, du hast recht gehört. Auch du hast mich gerettet, indem du Hilfe holtest, statt mich deinen Leuten zu überlassen."
"Sie sind nicht mehr die Meinen", entfuhr es ihm heiser.
Sie lächelte und erwiderte warm: Ich weiß. Darum will ich dich fragen, ob du nun, wo es vorbei ist, dennoch bei mir bleiben möchtest als das, was du mir all die Zeit warst. Ich... habe dich in deiner Rolle liebgewonnen."
Abus Mundwinkel zuckten, seine Augen glänzten feucht. "Ja, Herrin, das möchte ich."
So schloss sie ihn nun in ihre Arme, und sie standen lange still zusammen.
Als sie einige Tage später aufbrachen, sollte Abu die Hände auf dem Rücken kreuzen. Da erhob er Einwände und wollte nicht gefesselt werden. Die Kriegerin aber überwältigte ihn, zwang ihn zu Boden und band ihm die Hände wie beabsichtigt. Dabei schimpfte sie ihren Zorn heraus: "Wie kannst du die Wünsche deiner Herrin in Frage stellen! Vergiss nicht, wer du bist, Sklavin, wer du selbst sein wolltest! Wenn ich mir deines unbedingten Gehorsams nicht sicher sein kann, so muss ich dich eben doch noch strenger verschnüren, als ich gedachte." Damit zerrte sie ihn etwas empor, presste sie seine Arme an den Rumpf und wand viel Seil drum herum auf Höhe der Achseln, über den Ellenbogen und darunter um den Bauch.
Wie sie nun die Handschuhe griff, klagte und flehte Abu, ihn nicht wieder so vor allem Volke zu demütigen. Da knebelte sie ihn, um erst danach den Zauber zu wirken. "Das hast du nun davon, Sklavin! Ein jeder soll sehen, was du bist und bleibst!"
Daher also verließen sie die Oase Hayabeth nicht viel anders, als sie gekommen waren. Sie wandten sich nach Osten dem Gebirge zu und kehrten somit in den nächsten Tagen ebenfalls der feindlichen Khom - ihrer beider Heimat - den Rücken.
Bald gelangten sie ins fruchtbare Mhanadistan. Nur in Geschichten hatten sie bislang davon gehört. Wie grün und lebendig hier alles war! Viele Arten an Pflanzen und Tieren sahen sie zum ersten Male.
Auch mehr Menschen gab es, was Abu scheuer werden ließ. Zwar blieb er brav genug, um weniger Fesseln tragen zu müssen, die Frauenkleider aber erließ ihm Sulibeth nicht, gefiel er ihr doch viel zu gut darin. Daher erleichterte es ihn fast, wenn sie ihm zugleich Brüste gab. Dann hielten ihn alle eher für eine echte Frau, was ihm nunmehr weniger beschämend erschien.
Auf diese Weise erreichten sie Rashdul, die unschätzbar Alte. Hier kaufte Sulibeth ein kleines Haus in der Unterstadt nahe der Pentagrammakademie. So mochte sie alsbald auch mancher ihrer sonderbaren Sklavin wegen für eine Magierin und Angehörige jener Schule halten. Tatsächlich pflegte sie auch bisweilen Kontakt dorthin, die Handschuhe mit neuer Kraft zu erfüllen und sie verbessern zu lassen. Noch lange sollen sie dort glücklich gelebt haben, und vielleicht kann man sie noch heute in der Stadt der Märchen und Wunder besuchen.
© OHH 2012