Warum Frauenkleider?

Schon seit meiner Jugend faszinieren mich glatte, glänzende, weiche Stoffe immer mehr. Zuerst stellte ich dies bei Sporthosen fest. Nun will es aber die Mode unserer Zeit noch immer, dass Satin, Samt, Seide und Polyester eher 'weiblichen' Kleidungsstücken vorbehalten bleiben. Überhaupt sind jene meist viel körperbetonter geschnitten und einfach sinnlicher im Gegensatz zu ihren plumperen 'männlichen' Gegenstücken mit deren recht nichtssagender Optik.
Biologisch bin ich ein Mann und werde daran nichts ändern. Was ein solcher zu tragen hat, ist jedoch schon immer eine Frage gesellschaftlicher Übereinkünfte gewesen und hat sich im Laufe der Zeiten in ständigem Wechsel befunden. Die alten Römer machten sich noch über die Hosen der Kelten und Germanen lustig, bis sie feststellten, wie viel besser sich diese Beinkleider zum Reiten und Kämpfen eignen und gerade im rauheren Norden besser schützen. Entsprechend waren die Kleider der Männer bei wohl allen Völkern mehr auf Beweglichkeit und Kampf ausgerichtet, als die der Frauen - und sei es nur, indem ihre Röcke kürzer waren.
Nun bin ich alles andere als ein Krieger. Sanftheit und Harmoniebedürfnis sind viel stärker in meinem Charakter vertreten. Ich bin ein häuslicher, friedlicher, nachdenklicher Mensch. Zudem lehne ich die traditionelle Rollenverteilung der Geschlechter ab. Dem versuche ich, vorsichtig und entgegen gesellschaftlicher Vorurteile Rechnung zu tragen, indem ich sanftere Kleidung wähle.
Allerdings ist all dies keine allein bewusste Entscheidung, sondern auch intuitives Bedürfnis. Ebenso gibt es eine erotische Komponente. Wenn ich anziehe, was mir an Frauen besonders gefällt, fühle ich mich auch selbst ansprechender und komme mir bei besonders anregenden Stücken begehrenswerter vor. Warum auch sollten Kleidungsstücke, welche bereits für sich allein eine gewisse erotische Ausstrahlung haben, an Männern nicht ebenfalls zumindest ein wenig funktionieren! Es ist lediglich ungewohnt.
Gerade als heterosexueller Mann mag man sich andere Männer eher ungern als anziehend vorstellen. Und tief verborgen wird sogar eine kleine Portion Neid im Spiele sein, sich nicht selbst auch zu trauen. Man beachte den Erfolg der 'Rocky Horror Picture Show', wo mit solchen Motiven gespielt wird.
Selbstverständlich gefällt mir nicht jedes Kleidungsstück bloß wegen seiner ursprünglichen Bestimmung für einen Frauenkörper. Wiederum spielt der persönliche Geschmack, was Farben, Muster, Material und so weiter angeht, die wesentliche Rolle. Auch passt nicht alles zum selben Anlass. Und letztlich muss man sich nun einmal ebenfalls daran orientieren, was praktikabel ist. Ein Rock beim winterlichen Radfahren sicherlich nicht. Im Hochsommer hingegen ist er schlicht vernünftig und angenehm - solange er dem Fahrtwind nicht zu sehr nachgibt oder eben zu Fuß.
Übrigens suche ich meine Gleichberechtigung ausdrücklich nicht in Schminke und Duftwässern. Die empfinde ich auch an Frauen als ziemlich eklig.

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