Die Abenteuer der süßen Geroline

Sechster Teil

Erst am nächsten Morgen gab es wieder Geräusche, die Geroline aus ihrem unregelmäßigen Wechsel zwischen Schlaf und Halbschlaf befreiten. Sofort unterließ die Gefangene die beruhigenden Streichelbewegungen ihrer Finger zwischen ihren Beinen. V-70 betrat die Zelle, sonst war niemand zu sehen.
"So, Püppchen... Ist dir noch etwas eingefallen?"
Geroline schüttelte den Kopf, denn eine ausgedachte Geschichte hätte ja auch nichts gebracht.
"Sehr schade, aber wie du willst. Dann bleibt es ungemütlich und bei einer Mahlzeit am Tag." Sie stellte zwei Näpfe auf den Boden, im einen Wasser, der andere mit Mais und undefinierbaren kleinen Fleischstückchen gefüllt. Die Verbindungen zum Bettgestell wurden gelöst, doch behielt V-70 die Halsleine in der Hand. Sie entfernte den speicheltriefenden Ballknebel. "Hau rein, Süße!"
Nach kurzem Zögern erwiderte Geroline unwirsch: "Ich muss aufs Klo!"
"Du bist süß, weißt du das?"
Natürlich wusste Geroline das! Doch war sie dankbar, nicht weiter darüber reden zu müssen und von ihrer Kerkermeisterin zu der Toilette beim Wachraum geführt zu werden - wiederum an der Leine, versteht sich. Selbst die durch den Anzug nicht gerade wenig umständliche und ziemlich erniedrigende Sitzung war ihr lieber als ihre Niedlichkeit zum Gesprächsthema!
In die Zelle zurückgekehrt, begab sich Geroline notgedrungen auf die Knie nieder und beugte sich über die Näpfe. Es gelang ihr nicht, die Nase sauber und trocken zu behalten, zumal sie die nun auf der Pritsche sitzende Pilotin verunsicherte und ihr auch ganz bewusst wenig Leine gab.
Als Geroline fertig war, wischte sie ihr Gesicht an den Schultern ab, bevor V-70 es ihr wie einem kleinen Mädchen mit einem Taschentuch putzen konnte. Allerdings war die kleine Freude am Entzug dieser Demütigungsmöglichkeit nur ein Nebeneffekt. Vor allem wollte Geroline keine Gelegenheit auslassen, sich einzusauen und so die auffällige Farbe ihres Anzuges zu überdecken. Dies mochte ihr noch nutzen, so gering der Anfang auch war!
"Ferkelchen!" kommentierte V-70.
Hätte sie nicht wenigstens die Verkleinerungsform unterlassen können!? Geroline hasste solche Anspielungen auf ihre Niedlichkeit! Entsprechend zornig funkelte sie ihre Entführerin an, obgleich sie sich doch so sehr vorgenommen hatte, gelassen zu bleiben. Der einzige Erfolg blieb leider wie üblich, dass V-70 über sie lachte.
Schließlich wurde Geroline wieder sorgfältig geknebelt und wie zuvor mit Halsleine und Handschellen am Bett befestigt. Und erneut wurde sie alleingelassen.

Erst am Abend kam V-70 wieder, als es draußen schon dunkel war. Gerolines aufflammende Hoffnung, heute doch noch etwas zu essen zu bekommen, erstarb beim Anblick ihrer leeren Hände.
"Du darfst einen Spaziergang machen."
Um diese Zeit? Aber es sollte Geroline recht sein, da ihr schon der Rücken vom langen Liegen wehtat.
Auch diesmal wurde nur die Schelle an der Fußverbindungskette entfernt und die Leine in die Hand genommen. Daran führte V-70 ihre Gefangene schweigend hinaus. Offenbar sollte dies mehr zu einem Gassigehen ausarten! Entsprechend blieb Geroline im Wachraum stehen und machte durch Brummeln und Bewegungen deutlich, wie sehr es sie nach einem langen Tag wieder nach der Toilette drängte.
"Wo nimmst du das nur alles her?" fragte V-70 lächelnd. Aber dann durfte Geroline doch austreten.

Der Flugplatz wurde stellenweise von Scheinwerfern erleuchtet. Vereinzelt kam auch noch das weit weniger intensive Licht aus den Fenstern der Gebäude hinzu. Hier und dort lief noch jemand herum, ein offener Geländewagen brauste vorüber. Mit einem ankommenden Flugzeug aber rechnete heute ganz offensichtlich niemand mehr.
Trotz aller Ruhe konnte Geroline auch hierin keine geeignete Gelegenheit für einen Fluchtversuch erkennen. Nicht, wenn V-70 sie nicht wenigstens für ein paar Minuten mal allein ließe. Und warum sollte sie das tun!
Immerhin lernte Geroline das Areal besser kennen. Jede Halle wurde registriert, jeder Wachturm beäugt. Schon nach kurzer Zeit entdeckte Geroline auch das Haupttor im alles umspannenden Maschendrahtzaun. Geschlossen natürlich, sowie von einem weiteren Wachturm flankiert. Vertrackt! Doch so weit war Geroline ohnehin noch nicht, sich darüber Gedanken machen zu müssen.
V-70 drehte immer wieder feixend ihren Kopf nach Geroline um. Keine Frage, dieser Ausflug bereitete ihr großen Spaß!
Bald aber befanden sie sich auf dem Rückweg. Heute würde nichts mehr zu machen sein - glaubte Geroline.
Eine ohrenbetäubende Explosion zerriss die nächtliche Stille. Eine etwas entferntere Flugzeughalle wurde von einer Stichflamme zerfetzt. Trümmer flogen umher. Beide Frauen zuckten erschrocken zusammen und starrten dann ungläubig auf das Inferno.
Zuerst fing sich V-70 und schaute hastig umher. In einem unscheinbaren Haken an der nächstgelegenen Hauswand fand sie das Gesuchte. Hastig zerrte sie ihre hilflose Gefangene an der Leine dort hinüber. Fast wäre das Mädchen über seine Fußfesseln gestürzt.
Die Schlaufe am Ende der Halsleine wurde über den Haken geworfen und hing somit in Gerolines Augenhöhe. Schon wollte V-70 zum Unglücksort hinüberrennen, da drehte sie noch einmal zu Geroline um und musterte sie prüfend. Kopfschüttelnd trat sie heran und nahm die Leine wieder herunter. Drei Handbreit von der Öse im Halsband entfernt schlang sie die Leine zu einem einfachen Knoten. Dieser wurde nun seinerseits über den Haken gehängt und dort festgezogen, damit Geroline erheblich weniger Spielraum als zuvor verblieb. Anschließend rannte V-70 davon und ließ ihre Gefangene im Halbdunkel allein zurück.

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