Piratenbeute

Zweites Kapitel

Von draußen waren Befehle der Piratin und ihrer Offiziere zu hören, sowie die üblichen Alltagsgeräusche eines geschäftig geführten Segelschiffes. Man drehte vom Spanier ab und nahm Kurs auf die offene See. Konrad spekulierte, ob er auf diese ungeahnte Weise wohl doch noch nach Amerika gelangen würde.
Aber erst einmal war es eng, und er hätte sich gern an der Nase gekrazt. Mangels freier Hände rieb er sie an der Schulter. Hoffentlich musste er diese Reise nicht noch häufiger in Möbelstücken zubringen - diese zwei Male am heutigen Tage würden ihm auf Jahre hinaus reichlich genügen!
Auch, als die Galeone gewiss längst am Horizont verschwunden oder gar gesunken war, kümmerte sich niemand um Konrad in der Kiste. Um es sich etwas bequemer zu machen, streifte er die Schuhe ab. Dann hieß es, weiter zu warten.
Irgendwann überlegte er, ob er singen oder pfeifen sollte. So hätte er möglicherweise ohne sich eine Blöße zu geben auf sich aufmerksam machen können. Doch ihm war nun wirklich nicht danach! Eher nach lautem Schreien. Was, wenn man ihn hier vergaß?
Endlich ein Rumpeln! Anscheinend nahm man die Beschwerung des Truhendeckels herunter. Und tatsächlich öffnete sich dieser alsbald.
Das erste, was Konrad in der plötzlichen Helligkeit erkennen konnte, war der himmelumkränzte Umriss der Kapitänin. Doch bevor er nach etwas zu trinken zu fragen vermochte, legte sie ihm ein Lederband um den Hals.
"Heh, was soll das!?" krächzte er ebenso heiser wie erschüttert. "Ich bin doch kein Tier!"
"Mal sehen. Erst einmal bist du mein Lustsklave."
"Waaas!?"
"Notfalls kann ich dich immer noch drüben verkaufen." Sie zog an der Leine, welche bereits am Halsband befestigt war.
Völlig verdattert stand Konrad innerhalb der Truhe auf. Hier drohte etwas noch viel schiefer zu gehen, als er ohnehin befürchtet hatte. Zu sicher und wohlbehütet war er in Lübeck aufgewachsen, um die Situation schon in vollem Umfang zu begreifen. "Aber Frau Kapitänin", versuchte er beschwichtigend auf sie einzureden, "so denkt doch einmal an das Lösegeld! Meine Gesellschaft wird..."
"DEINE Gesellschaft", unterbrach sie rüde und drehte dabei die Bedeutung seiner Worte herum, "werde ich in Ruhe auf die Probe stellen. Komm jetzt endlich!" Sehr viel unsanfter zerrte sie nun an der Leine, dass er beinahe aus der Kiste gepurzelt wäre.
Solcherart genötigt, setzte er einen Fuß über die Truhenwand auf die Decksplanken. Sogleich spürte er den rauhen Untergrund. "Oh, bitte wartet! Meine Schuhe...!"
"Die brauchst du nicht mehr, Sklave", erwiderte sie und zog ihn unnachgiebig hinter sich her.
"Aber die guten Strümpfe! Splitter werden sie ruinieren!"
Hilda reagierte nur mit einem verächtlichen Schnauben, ohne ihre Schritte zu bremsen.
"Frau Kapitänin", versuchte er es abermals.
Abrupt blieb sie stehen und wirbelte herum. "Schluss jetzt, Sklave! Du wirst mich mit 'Herrin' ansprechen! Und das auch nur, wenn du etwas zu sagen hast!"
Konrad verschlug es die Rede. Auf der Suche nach einem Ausweg um Luft ringend, stolperte er der Kapitänin notgedrungen nach.
Sie führte ihn in ihre Kajüte, wo sie sich etwas unschlüssig umsah. In Konrad sprühte ein Hoffnungsfunke auf, denn sein Blick fiel auf den Säbel an ihrer Seite. Diesen bot sie ihm geradezu feil, zudem war sie unaufmerksam. Als sie dazu auch noch einen halben Schritt tat und somit einen wenig festen Stand hatte, nahm Konrad die Gelegenheit wahr.
Seine Rechte schnappte trotz Fesselung nach dem Griff der Waffe. Zugleich rempelte er die Kapitänin mit größtmöglicher Wucht an. Tatsächlich strauchelte sie ein paar Schritte von ihm fort, und ihr entglitt sogar die Leine.
Allerdings hatte er den Säbel nun verkehrt herum in der ohnehin sehr in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkten Hand. Trotzdem rief er: "Ergib dich!"
Hilda reagierte in keiner Weise, nicht einmal mit einem Lachen. Statt dessen musterte sie ihren tollkühnen Gefangenen ausgiebig. Es entging ihr nicht, wie seine Beine zitterten. Neben der Aufregung war dies sicher auch auf den langen Aufenthalt in der Truhe zurückzuführen.
Mit einem Tritt entwaffnete sie Konrad, dann sprang sie ihn frontal an, dass er unter ihr zu Boden ging. Das Bärenfell, auf welchem er landete, konnte den Aufprall kaum dämpfen. Von Schmerz und Überraschung überwältigt, das volle Gewicht der Kapitänin auf sich, vermochte Konrad sich kaum mehr zu rühren.
Sie setzte sich auf seine Oberschenkel und zog geschwind seinen Stoffgürtel aus dem Bund. Mühsam versuchte Konrad, sich aufzurichten, doch Hilda wirbelte bereits herum, die Füße mit dem Gürtel zusammenzubinden. Mit den eigenen Beinen drückte sie derweil Konrads Oberkörper nieder. Entkräftet gab er auf und bewegte sich nicht mehr.
Hilda hingegen war noch keineswegs fertig. Sie sprang auf und zog Konrad vermittels des Felles etwas näher an den wuchtigen Tisch heran. Dort knotete sie die Führungsleine seines Halsbandes an einen der kunstvoll gearbeiteten klobigen Füße. Kurz betrachtete sie Konrad nachdenklich, die Hände auf die Hüften gestemmt. Anschließend rauschte sie aus der Kajüte.
Zuerst schaute er ihr noch nach, ermattet von den Anstrengungen und Aufregungen. Dann aber bäumte sich sein Widerstandswille noch einmal auf. Konrad drehte sich auf den Bauch, was mit den auf dem Rücken gefesselten Armen sowieso etwas bequemer war. Sein Ziel war jedoch, an die Fußfesselung heranzukommen. Dazu winkelte er die Knie an, erreichte mit den Händen aber nicht den Abschlussknoten. Diesen hatte die Kapitänin zufällig oder in kluger Voraussicht auf der Vorderseite angebracht, außerhalb der Reichweite seiner ohnehin etwas verdrehten Finger. Alle Versuche blieben erfolglos.
Schnaufend ließ er die Füße wieder zu Boden sinken. Der Blick wanderte zur am Tisch befestigten Halsleine. Zweifellos bestand keine Aussicht, diese zu lösen, denn die Kapitänin hatte ihm hier nur ein paar Handbreit Spielraum gelassen. Konrad blieb nichts, als abzuwarten.

Dies musste er für dieses Mal nicht lange, denn Hilda kam schon bald darauf mit ein paar Seilrollen zurück. Jene landeten einstweilen auf dem Tisch.
Die Kapitänin derweil hockte sich zu ihrem Gefangenen. "So, Sklave sein ist dem Bürschchen also nicht fein genug!" Schon setzte sie sich auf seinen Po und befahl: "Hebe die Beine!"
In seiner Lage war klar, dass er diese anwinkeln sollte. Momentan blieb ihm auch nichts, als zu gehorchen. Es erstaunte ihn, als sie den Gürtel von seinen Fußgelenken zu lösen begann. Doch anschließend zerrte sie Konrad die Seidenstrümpfe fort. "Aber ich kann auch anders", schimpfte sie. "Bei deiner zierlichen Gestalt hätte ich gleich darauf kommen können, dass du eine gute Sklavin abzugeben vermagst."
Da sie Konrad soeben auch der Hose zu entledigen begann, wurde ihm angst und bang. "Ihr... Ihr wollt doch nicht...!"
"Aber ja!"
Das ging zu weit! Sofort begann er zu strampeln, doch Hilda setzte sich einfach auf seine Kniekehlen. "Schluss jetzt!" Im Nu hatte sie die Füße wieder zusammengebunden.
"Du wirst zu gehorchen lernen!" Sie sprang auf und hängte eine Öllampe von einem Haken in der Kajütendecke ab, diese achtlos auf den Tisch zu stellen. Dann band sie die Halsleine vom Tischbein los, doch nur, um ein weiteres Mal daran zu ziehen. "Hoch mit dir, Sklavin!"
Konrad bemühte sich nach Kräften, dem Befehl nachzukommen, schon im Interesse seines geplagten Halses. Zum Glück half die Kapitänin ihm trotz ihres Zornes beim Aufstehen, sonst hätte er gewiss böse Würgemale davongetragen.
Wie er nun also mit zitterigen Knien dastand, schlang Hilda die Leine so kurz um den Haken über ihm, dass Konrad sich kaum einen Schritt hätte entfernen können, wenn denn wenigstens seine Füße frei gewesen wären. Im nächsten Moment griff sie nach einem Entermesser.
"Ich bitt' Euch, Frau Kapitänin...!"
"Du sollst mich 'Herrin' nennen! Und schweigen! Aber ich sehe schon..." Sie rammte die Waffe mit der Spitze in die Tischplatte, dass er unter dem dumpfen Geräusch zusammenzuckte. Aus einer Truhe mit allerlei Stoffen entnahm sie ein großes Seidentuch, welches sie quer faltete und anschließend längs zusammenrollte. In die Mitte knüpfte sie einen Knoten. Dies wiederholte sie ein paar Male, den Knoten zu vergrößern. "Maul auf!"
"Aber..."
"Gehorche, oder ich steche dich ab!" Hilda hatte nun endgültig genug. Sie wollte einen Fortschritt sehen nach all den Mühen. Und tatsächlich öffnete Konrad nun eingeschüchtert schweigend den Mund. So stopfte Hilda den großen Knoten hinein, dass Konrad beinahe vermeinte, ersticken zu müssen. Die Tuchenden verknotete Hilda fest in Konrads Nacken. Endlich Ruhe!
Erneut langte sie nach dem Messer. Sein furchterfüllter Blick stimmte sie wiederum etwas milder. "Dummkopf! Glaubst du, ich verletze mein eigenes Hab und Gut?" Lächelnd schüttelte sie das Haupt, dann schnitt sie dem angstvoll Zuckenden sein Beinkleid einfach herunter. Auch das Lendentuch riss sie fort.
Konrad atmete schwer und unruhig wie ein gefangenes und verwundetes Tier. Obgleich ihn diese Frau immer mehr beeindruckte, ließ er doch gedemütigt und um so mehr verwirrt den Kopf hängen.
Hilda hingegen betrachtete ein Weilchen gelassen sein zwischen den Hemdschößen hervorschauendes Glied, bevor sie ihn langsam umrundete und somit inspizierte.
"Gut", sagte sie knapp nach einer zweiten Runde. "Ich habe etwas, das dir passen wird. Allerlei, das ich wohl doch nie getragen hätte."
Konrad war geistig an einem toten Punkt angelangt. Von alledem wollte er nichts mehr wissen. Gern hätte er etwas Zeit zum Ausruhen und Besinnen gehabt. Alles ging viel zu schnell! Aber zumindest sah er langsam ein, dass er hier auf Hoher See doch keine Möglichkeit des Entkommens hatte.
So blieb Hilda unbeachtet, als sie aus einer Kleidertruhe zwei Stücke zutage beförderte. Mit diesen hockte sie sich hinter Konrad nieder. Sie befreite seine Füße, doch ihn kümmerte dies kaum mehr. Immerhin konnte er sich nun etwas breitbeiniger hinstellen, einen sichereren Stand zu haben. Dennoch schwankte er noch ein wenig ob seiner Erschöpfung und Verwirrung.
Die Enden des Stoffgürtels wurden um die Fußknöchel gebunden, dass ein paar Handbreit Spielraum verblieben. Dann hielt Hilda ihrem Gefangenen etwas vor die Füße. "Steige hinein!"
Widerstandslos tat er wie geheißen. Als sie den Stoff an seinen Beinen entlang emporhob, erkannte er, es handelte sich um ein Mieder, wie es einfache Frauen über ihren Blusen trugen. Entsprechend wurde es über sein Hemd geführt, bevor Hilda es vorn eng zusammenschnürte.
Durch den Druck versteifte sich Konrads Geschlechtsteil ein wenig. Hilda schmunzelte, jedoch hatte sie noch keine Stimmung erreicht, in welcher ihr nach einer flotten Bemerkung der Sinn stand. Statt dessen musste Konrad nun noch in einen luftigen Unterrock steigen.
Ein höchst seltsames Gefühl überkam Konrad, wie Hildas starke Hände den zarten Stoff nun emporführten und dieser seine Schenkel hinaufstrich. Die angenehme Regung erfasste auch sein Glied.
Verdutzt schaute Hilda auf und entdeckte ein völlig verwirrtes Antlitz, aus dem sie nicht recht klug wurde. Sollte ihrem Gefangenen auf einmal etwas an seiner Situation gefallen? Aber was?
"Damit du zu gehorchen lernst, bekommst du dein Lendentuch erst wieder, wenn du eine Zeitlang brav warst", verkündete Hilda und beobachtete aufmerksam Konrads Mimik. Offensichtlich war es nicht dies, was ihm behagt hatte, denn er wirkte vielmehr erschrocken und dann fast etwas bekümmert.
"Und natürlich muss ich dich für deinen Ungehorsam bestrafen!" Er zuckte wie unter einer Ohrfeige. Die Kapitänin sah dies als Bestätigung ihres bisherigen Urteils über ihn: Bei allem Freigeist war er zugleich ein zaghaftes Sensibelchen. Für sie eine spannende, ja nahezu aufreizende Mischung. Überhaupt mochte es besser sein, wenn die Mannschaft in ihm statt ihrer eine Frau sah - was keinesfalls hieß, dass sie ihre Beute mit den Klötzen zu teilen bereit gewesen wäre!
Sein eingeschüchterter Blick holte sie wieder ins Hier und Jetzt zurück. Ihr Mundwinkel zuckte wie zu einem Lächeln, dann zupfte sie das Band aus seinen haaren, welche sie mit den Fingern auseinanderkämmte, ihnen etwas mehr Volumen zu verleihen. Offenkundig zufrieden, nahm sie die Leine vom Haken und ging zur Türe.
Erst nach ein paar Schritten wurde Konrad klar, dass sie ihn hinausführen wollte - vor all die Halsabschneider! Wenn er ihr in dieser unpassenden Kluft gefiel, so hätte er sich vielleicht damit irgendwie abgefunden. Doch mit ihrem pöbelhaften Anhang!? Aber alles Sträuben half nicht, sondern bescherte ihm nur Schmerzen im Nacken unter dem Halsband. Schon nach wenigen Augenblicken waren sie hinaus auf Deck, in strahlender Sonne.
Konrad gab den sinnlosen Widerstand auf. Gesenkten Hauptes stellte er fest, wie durchscheinend sein Rock im ungetrübten Tageslicht war. Kaum, dass der erste Pirat ihn entdeckt hatte, ging auch das unvermeidliche Gelächter los. Ebensowenig ließen die hämischen Bemerkungen auf sich warten. Nach wenigen Augenblicken schien bereits die gesamte Mannschaft beim Gaffen und Lästern beteiligt.
Wieder vermochte die Kapitänin Konrad zu überraschen, indem sie unvermittelt über das Deck brüllte: "An eure Arbeit, Lumpenpack!" Tatsächlich gehorchten die Rauhbeine, teils etwas widerwillig, teils feixend oder miteinander tuschelnd.
Konrad aber wurde zum Besanmast geführt. An diesen hatte er sich nun mit dem Rücken anzulehnen, wobei die Arme naturgemäß etwas im Wege waren. Zu allererst band Hilda mit einem langen Seil Konrads Hals am Mast fest. Anschließend musste er sich seitlich verdrehen, damit sie seine Hände voneinander lösen konnte. Dies allerdings nur, um sie sogleich beidseitig des Mastbaumes nach hinten zu führen und mit einem Seil um denselben wieder zu verbinden. Noch einige Male wurden die Seile um Konrad und den Mast gewunden, bis sich der Gefangene kaum mehr rühren konnte.
"So bleibst du bis morgen!" rief Hilda laut genug, dass auch genügend viele ihrer Mannschaft Bescheid wussten.
Diese Eröffnung traf Konrad wie ein Donnerschlag. Fassungslos blickte er ihr nach, wie sie in die Kajüte verschwand.

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© OHH 2007