"Land in Sicht!"
Endlich also erging der Ruf des Ausgucks. Die Matrosen jubelten dem Mann im Krähennest zu, als sei es sein Verdienst, dass nach der langen Fahrt wieder fester Boden in greifbare Nähe rücken sollte.
Wenngleich Konrad der ungewissen Zukunft mit gemischten Gefühlen entgegensah, erhoffte er sich doch, die schlechte Stimmung unter der Mannschaft würde nun auf Dauer verwehen. Zudem freute auch er sich auf Erde statt Holz unter den bloßen Sohlen.
Eilig schmetterte die Kapitänin einige Befehle und gab dem Maat noch ein paar Anweisungen für später, dann zog sie sich mit Konrad in ihre Kajüte zurück.
Sie setzte sich an ihren Tisch und wies dem Sklaven einen Platz auf dem Boden zu ihren Füßen. Dann begann sie zu erklären: "Wir kommen nun zu unserem Versteck. Auch die Leute dort sollen gleich deinen Status erkennen. Darum werde ich dich gefesselt als meine Beute an Land führen. Benimm dich entsprechend!"
Stumm und aufmerksam schauten sie sich für einige Momente an, bis Konrad eilig mit "Ja, Herrin" bestätigte.
"Gut. Du wirst niederknien, wenn ich irgendwo stehenbleibe. Wenn du etwas fragen willst, wirst du mich mit großen Augen bitten, dir das Wort zu erteilen."
"Ja, Herrin."
"Natürlich wirst du erst einmal geknebelt sein, doch gilt diese Regel auch später, wenn du frei sprechen könntest."
Sie erhob sich, um auf Konrad von weiter oben hinabzusehen. "Ich werde dich noch umkleiden..." Damit wandte sie sich zu einer ihrer Kleidertruhen.
Ein schwarzes, hochgeschlossen zu tragendes Gewand in Händen, richtete sie sich auf, wobei sich das Kleid entfaltete. Mit einem "Zu bieder" tat sie es beiseite. Zwei weitere folgten unkommentiert.
Schließlich kehrte Hilda mit einem aufwändigen Kleid aus schwerem grünem Samt zu Konrad zurück, ließ ihn aufstehen und hielt es ihm an. Es war wirklich prachtvoll und nach den bisherigen ärmlichen Untergewändern erschien es Konrad als deutliche Verbesserung. Doch die Kapitänin war nicht zufrieden. "Natürlich, zu weit... Eigentlich schade, du sähest darin aus wie eine Prinzessin - wirklich fette Beute. Aber Unsinn! Ich will für dich ja kein Lösegeld pressen, sondern dich als Leibsklavin behalten."
Unvermittelt warf sie das Kleid zu den anderen und zog statt dessen entschlossen ein glänzendes weißes Nachthemd hervor. Schmucklos und glatt, war der Stoff doch gewiss kostbar und von schlichter Eleganz. "Dies geziemt einer erbeuteten Lustsklavin schon eher", sinnierte Hilda. "Zieh dich aus!"
Verschämt nestelte Konrad an der Schnürung des Mieders, während seine Herrin genüsslich lächelnd zusah. Nach und nach entkleidete er sich und durfte auch beim Lendentuch nicht haltmachen, bis er nur noch mit dem Halsband und den umgebundenen Brustsäckchen versehen nackt und bloß vor ihr stand.
"M-muss ich denn die falschen Brüste wirklich...?" stammelte Konrad zögerlich, doch vielleicht hätte er sich sogar ohne Hildas kritischen Blick selbst unterbrochen. Demutsvoll und traurig senkte er den Kopf. "Bitte verzeiht mir, Herrin; ich schäme mich nur so sehr!"
So konnte sie kaum anders, als nachsichtig zu lächeln. "Du wirst dich schon noch daran gewöhnen."
Sie striff ihm das Unterkleid über; er musste zugeben, wie wundervoll weich es sich auf der Haut anfühlte. Derweil sie den Bund am Halsausschnitt des Gewandes zuzog, spürte er dank der Berührungen eine gewisse Erregung aufkommen. Furcht ergriff ihn, man würde es durch den leichten Stoff bemerken. Schon kehrte wieder etwas Ruhe ein. Obschon ihn seine Herrin kritisch und doch mit verhaltenem Schmunzeln musterte, wusste er nicht zu sagen, ob sie es gesehen hatte.
Nun legte sie ihm ein neues Mieder aus schwarzem Satin um, schnürte es aber nur soweit zusammen, dass es gut sitzend auflag, ohne gar zu sehr zu drücken. Dann jedoch griff sie ein langes Seil und fesselte Konrad dergestalt, dass seine Unterarme verschränkt auf dem Rücken lagen. Immer neue Windungen führte sie mal dort entlang, mal um die Oberarme, sie an den Körper zu pressen, mal um diesen, die falschen Brüste einbeziehend und somit besonders betonend. Nun folgte der Knebelball, welchen sich Konrad brav in den Mund stopfen ließ, um die Herrin nicht zu erzürnen.
Zwar schränkte das lange aber eher eng geschnittene Nachthemd seine Schrittweite bereits etwas ein, doch genügte Hilda dies noch längst nicht: Die Knöchel wurden mit einem weiteren, kürzeren Seil auf wenige Handbreit Spielraum gezwungen. Schlussendlich befestigte sie die Führungsleine am Halsband und zog Konrad hinaus an Deck.
Trotzdem er schon so oft in dieser oder jener entwürdigenden Weise der Mannschaft präsentiert worden war, berührte es ihn noch immer peinlich über die schlicht unangenehme Anwesenheit dieser Schurkenbande hinaus. Hinzu kam nun eine gewisse Aufregung, bald den Blicken noch weiterer Menschen ausgeliefert zu werden.
Die Kapitänin brachte ihn hinauf zur Brücke. Schon auf dem Weg dorthin betrachtete er staunend die zerklüftete Küste einer Insel. Oben angekommen, erinnerte ihn der abwärtige Zug an der Leine an die Weisung der Herrin, neben ihr nicht stehen zu bleiben. So sank er geübt nieder und beobachtete bei ihr kniend die Annäherung.
Das Schiff schob sich durch enge Klippen in eine von der Ferne unsichtbare Bucht. An einem schmalen Kiesstrand gab es zwei Holzstege und andere Anzeichen einer Anlegestelle. Dahinter zogen sich an Trampelpfaden schlichte Hütten einen Hang hinauf, wo die Vegetation stetig zunahm. Oben verlor sich alles in dichtem Urwald.
Am Ufer warteten bereits Leute, welche man alsbald vor allem als Frauen, alte Männer und kleine Kinder erkennen konnte. Wie würden sie auf Konrads Anblick reagieren? Am liebsten wäre er vor Scham in den Boden versunken. Verzweifelt versuchte er, sich davon zu überzeugen, dass es vor jenen nicht peinlicher werden könne als vor der Mannschaft. Außerdem konnte er ja eh nichts an seiner Lage ändern. Trotzdem klopfte sein Herz so sehr, dass man ihn jedes Mal deutlich davon erzittern sehen konnte. Ganz schlecht war ihm bei dem Gedanken an neue Gesichter, die ihn ebenso verächtlich anblicken würden wie die der Mannschaft - und an die fragenden Blicke kleiner Kinder und das Gelächter von größeren. Trüge man ihn doch in einem Sack an Land oder in der Kiste, in welcher man ihn an Bord brachte!
Wie lange war dies schon her! Die letzten Augenblicke eines anderen Lebens.
Inzwischen hatte man angelegt; das Schiff war bereits vertäut. Das Rumpeln des Landungssteges holte Konrad wieder in die Gegenwart zurück. Schon verspürte er wieder den Zug an der Halsleine.
Die Kapitänin führte ihn zu jener schmalen Planke und wollte ihn hinüberziehen, doch er blieb stehen und versuchte, gegenzuhalten. Druck und Reibung im Nacken nahmen rasch zu. Hilflos stolperte er voran auf die Bordwand zu, hinter welcher es immerhin ein paar Schritt hinabging. Wie tief das Wasser hier war, konnte er nicht erkennen. Selbst ungefesselt war er kein guter Schwimmer.
Hilda erkannte die Panik in seinen Augen recht schnell. In keinem Fall durfte sie nun Schwäche vor ihern Leuten zeigen! Kurzerhand packte sie ihren Sklaven und warf ihn sich über die Schulter. Schwer stöhnte er beim Aufkommen in den Knebel und bäumte sich etwas auf. Sich weiter zu wehren, würde nur weiteren Schmerz bedeuten und einen gemeinsamen Sturz von der Planke herausfordern. Es gelang ihm aber nicht, sich wieder ganz zu entspannen.
Mit der einen Hand hielt ihn seine Herrin bei den Kniekehlen, mit der anderen am Po fest. Streichelte sie ihn dort etwa beruhigend!? Gewiss war es für die Umstehenden kaum zu sehen. Bei Konrad aber rief die Situation eine höchst unwillkommene Reaktion zwischen den Beinen hervor. Es konnte keinen Zweifel geben, das die Herrin dies bemerken musste. Dennoch überging sie es einstweilen.
An Land angekommen, stellte sie auch ihren Sklaven auf festen Boden. So mancher konnte gewiss noch Konrads zurückgehende Schwellung unter dem Nachthemde erahnen, und schon wünschte er sich wieder in einen Sack hinein.
Seine Herrin zupfte energisch an der Leine abwärts; offenbar wollte sie nicht gleich weitergehen. Schnell setzte er sich auf die Füße - eine günstige Gelegenheit, die Restschwellung zu vertuschen.
Hilda hob die freie Hand, das Gemurmel der Umstehenden zu beenden und sich Gehör zu verschaffen. "Leute, wir haben einen Spanier aufgebracht und fette Beute gemacht!" Wie zur Bestätigung wurden soeben erste Kisten von Bord geschafft. Das Volk jubelte auf. "Vor allem Gold und Gewänder", erklärte Hilda, als wieder genügend Ruhe war. "Wie immer wird alles in den nächsten Tagen verteilt."
"Was ist das für ein seltsamer Gefangener?" wollte ein gebeugter Greis wissen. "Er sieht nicht aus wie ein Spanier."
"Dies gehört zu meiner persönlichen Prise. Ich möchte, dass ihr es wie eine Sklavin behandelt. Meine Sklavin!"
Stille und verdutzte Gesichter blieben zunächst die einzige Antwort auf diese ungewöhnliche Anweisung. Bei aller Peinlichkeit spürte Konrad doch, dass seine Herrin nicht recht mit sich oder der allgemeinen Stimmung zufrieden war.
Schnell wandte sie sich zur nächsten Truhe um und stieß den Deckel auf, dass die Aufmerksamkeit ihrer Leute wieder von Konrad fortgezogen wurde. Es funktionierte tatsächlich: Neuerliche Jubelrufe begleiteten die Kapitänin und ihren Zug, als sie ihren Sklaven und die Träger den Hang hinaufführte.
Vor einem etwas größeren Häuschen - es mochte fünf oder etwas mehr Räume bergen - hielt sie an, während man die Beutestücke hineinbrachte. Nach nur kurzem Zögern ließ sich Konrad nieder, da wurde er von seiner Herrin auch schon fortgezerrt zu einem Baum unweit des Hauseinganges. Der Stamm mochte die Dicke eines kräftigen Oberschenkels besitzen. Daran band Hilda die Leine ihres verweiblichten Sklaven fest.
Dann schaute sie hinab auf seinen traurig fragenden Hundeblick und lächelte grimmig. "Du wirst die erste Nacht in deiner neuen Heimat hier draußen verbringen, damit du gleich ein Dach über dem Kopf zu schätzen lernst und nicht als selbstverständlich hinnimmst. Außerdem hast du dich mir an der Planke widersetzt. Ich weiß, du hattest Angst, aber dann müssen Respekt und Vertrauen eben größer werden. Ich gebe dich nicht mehr her."
Damit wandte sie sich ab, verschwand ins Haus und ließ ihren verstörten Sklaven hilflos und allein zurück.