Piratenbeute

Zehntes Kapitel

Eine sanfte Berührung an der Wange weckte Konrad aus irgendeinem garstigen Traum. Seine Herrin blickte ihn prüfend, fast sorgenvoll an. "Hast du etwa geweint, Sklavin?"
Sogleich wurde ihm wieder die gesamte Nacht bewusst, und neue Tränen traten in seine Augen. Zutiefst beschämt senkte er den Blick.
Die Kapitänin begab sich neben ihn, ergriff ihn an Schulter und Unterschenkel und kippte ihn auf die Seite. Vor lauter Tränenwasser konnte er ihren Gesichtsausdruck nicht mehr erkennen. Furcht gesellte sich der Scham bei. Verzweifelt heulte er in den Knebel. Ihre tröstende Hand ließ seine Angst verwehen und dem Kummer nunmehr ungehemmten Lauf. Eine Weile schluchzte er sein Leid in die Welt hinaus.
Mit neuer Kraft und Hoffnung schaute er dann unverändert jammervoll zu seiner Herrin empor. Noch immer vermochte er sie nur schwer zu erkennen. Ihr Ton aber konnte ihn ein wenig beruhigen: "Meine dumme, kleine Sklavin... Da siehst du, was geschehen kann, wenn du deiner Herrin nicht vertraust. Aber ich habe heute keine Zeit, dich weiter zu lehren."
Sie erhob sich und rief nach Belu. "Lass sie sich waschen, gib ihr die Arbeistkleidung und weise sie ein. Und achte darauf, dass sie mir nicht krank wird!"
"Ja, Capitan", bestätigte die Schwarze und ging ins Haus, während Hilda den Weg hinab Richtung Landestelle schritt.
Konrad derweil rollte sich wieder auf den Bauch, den peinlichen Fleck unter sich zu begraben. Von der Dauerfesselung tat ihm langsam alles weh. Jeder Muskel schrie nach Bewegung. Zum Glück musste er diesmal nicht mehr gar zu lange warten.
Belu brachte ein Kleiderbündel und die Arbeitsfesseln mit. Im Vergleich zum gegenwärtigen Zustand würden sie angenehm zu tragen sein; Konrad freute sich direkt darauf.
Zunächst befreite ihn die Negerin nur von der Krummfessel und ließ die strenge Oberkörperfesselung, den Knebel und das Laufseil am Platze. Aber schon dies allein war eine Wohltat: Endlich konnte Konrad sich wieder entfalten! Ganz langsam streckte er die Unterschenkel von sich, denn die steifgewordenen Muskel protestierten. Dennoch war es ein fast willkommener Schmerz der Heilung.
Als er aufstehen wollte, hielt Belu ihn zurück: "Küsse die Füße, Sklavin! Immer der Meisterin danken, wenn sie dich befreit."
Zögerlich folgte er dem Befehl. So früh am Morgen waren ihre bloßen Füße noch recht sauber. Nur etwas Staub schien die für ihn so fremdartig dunkle Haut zu bedecken. So war die neuerliche Erniedrigung schlimmer als der Ekel.
An der Leine zog seine Meisterin ihn empor und führte ihn ums Haus herum. "Wirst brav sein, Sklavin. Kannst ja doch nicht von der Insel."
Tatsächlich hatte Konrad scchon länger nicht mehr an Flucht gedacht. Wo die Schwarze nun davon sprach, verwunderte es ihn. Gewiss war ihm die Aussichtslosigkeit inzwischen allzu bewusst, aber ihm schien auch ein anderes Band entstanden zu sein, das ihn fast wie reale Ketten und Seile an seine Herrin fesselte. Er bewunderte sie für ihre Stärke, ihre Durchsetzungskraft, und er verehrte sie insgeheim für ihre Gerechtigkeit und Konsequenz. Setzte man voraus, er gehörte ihr nun einmal, so waren ihre Handlungen durchaus schlüssig und vielleicht notwendig. Vor allem aber konnte er ihren Geruch nicht vergessen und die Gefühle, die sie in ihm während unglaublich wundervoller Stunden in ihrem Bett wachgerufen hatte.
Belu schien da von ganz anderem Schlage. Sie hielt ihn für einen Spanierfreund und wollte ihn zumindest teilweise dafür bezahlen lassen, was die 'Hispanieros' ihr angetan hatten. Entsprechend rabiat zerrte sie ihn einen schmalen Trampelpfad zwischen exotischem Bewuchs hinauf.
Zunehmend war ein Plätschern zu hören. Schon trafen sie auf einen Bach, den sie noch etwas empor zurückverfolgten bis zu einem kleinen Wasserturz. Keine drei Schritt stürzte das nasse Element hier von einer leicht überhängenden Felskante herab.
Bei einem etwas größeren Stein legte Belu die frische Kleidung und die Arbeitsfesseln ab, dann entledigte sie Konrad der Führungsleine und endlich auch des Knebels und der Brust- und Armfesseln. Erleichtert räkelte er sich ein wenig, bewegte die Hände und kreiste die Schultern ebenso wie den Unterkiefer - doch all dies vorsichtig, um Belu keinen Anlass zum Ärger zu geben.
Sie ließ ihn sich nicht lange an seine Bewegungsfreiheit gewöhnen. Mit einer ruckartigen strengen Handbewegung wies sie auf ihre Füße. Niedergeschlagen fügte sich Konrad, sank zu Boden und küsste ihr erneut die Zehen. Selbst ohne die Krümel der feuchten Erde hier hätte er sich fast den Knebelball zurückgewünscht, um sie nicht so direkt mit den Lippen berühren zu müssen.
"Sprich, Sklavin!" forderte sie unvermittelt ein.
Seine Verwirrung währte nur einen Moment. "Danke, Meisterin", kam es kleinlaut.
"Gut. Ausziehen!"
Er rutschte in eine sitzenden Position, um zunächst das Seil an den Beinen loszuwerden, doch Belu hielt ihn barsch davon ab: "Halt! Was fällt Sklavin ein! Das bleibt dran!"
Nach kurzem Zögern begann er also, das Mieder zu lösen. Er stand auf, schlüpfte aus dem Mieder und zog das verdreckte Nachthemd über den Kopf. Die Negerin hatte sich derweil auf den Findling gesetzt und besah sich Konrads Entblößung mit reglosem Ausdruck, doch aufmerksam. Auch die künstlichen Brüste legte er nun ab. Als er nackt und bloß vor ihr stand und nur noch Halsband und Fußfesseln trug, befahl sie ihm auf den Wasserfall weisend, sich zu waschen.
"Darf ich bitte vorher austreten?"
"Auf die Knie, Sklavin!" brüllte sie ihn an.
Erschrocken gehorchte er voller Eile.
"Wie heiße ich!?"
"Belu...?"
"Nicht für dumme Sklavin!"
Konrad lag inzwischen beinahe mehr, als dass er kniete. "Bitte verzeiht, Meisterin!" Momente lang überlegte er, ob er siene Bitte wiederholen sollte, zumal er den Kopf so tief gesenkt hielt, dass er ihre Mimik nicht sehen konnte.
Sie ließ ihn noch ein wenig warten, dann erklärte sie wieder ruhiger: "Mach nicht in Bach; geh an Büsche!"
"Vielen Dank, Meisterin." Kleinlaut wollte er sich hinter einiges Gestrüpp zurückziehen, doch wieder wurde er abgehalten: "Nicht verstecken!"
Für Widerworte viel zu unausgeschlafen und eingeschüchtert, erleichterte er sich also notgedrungen direkt davor, voll und ganz in ihrem Blickfeld. Mit ein paar Blättern wischte er sich anschließend halbwegs sauber, dann durfte er sich unter den Wassersturz begeben. Bei alledem wurde er von der Schwarzen unverwandt beäugt.
Als er sich nun mit den Händen überall am Körper abrieb, schien sie besonders wach zu ihm herüberzustarren. Alles Wegdrehen konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er ihren Blicken ohne jeden Schutz ausgeliefert war. Zudem bestand sie auf Gründlichkeit und gab schließlich gar Anweisungen, wo er sich in welcher Weise zu waschen habe. Vor allem sein Glied und die Pospalte wollte sie eingehend berücksichtigt wissen. Ihm wurde schon recht kühl, als Belu ihn endlich herauskommen ließ und ihm ein Tuch zuwarf.
Nach dem Abtrocknen durfte er das schlichte Kleid einer Dienerin überstreifen. Dazu erhielt er eine Schürze, aber kein Lendentuch. Statt letzterem legte seine Meisterin ihm das Arbeitsgeschirr an, welches Halsband, Hände und Füße mit Ketten verband. Ein übriggebliebenes Stück Stoff entpuppte sich als Haube, welche sie ihm gegen sein Sträuben aufzwang.
Zum ersten Male glaubte er den Ansatz eines Schmunzelns in ihrem dunklen Gesicht zu erkennen, als sie ihn nun taxierte. Dann drückte sie ihm Mieder und Nachthemd in die Hände und zog ihn an der Führungsleine wieder hinab zum Haus.
Seine erste Aufgabe war dann auch, am hinter dem Gebäude verlaufenden Bach Wäsche zu waschen, derweil Belu es sich im Schatten auf einem Stuhl bequem machte. Da sie sogar wegdöste, drängten sich Konrad doch wieder Fluchtgedanken auf. Der feste Boden unter den Füßen gaukelte ganz andere Möglichkeiten vor als die so offensichtlich begrenzten Planken des Schiffes. Aber auch von einer Insel war kein einfaches Fortkommen. Vielleicht würde er irgendwann mit einem Boot entkommen, wenn er sich hier besser auskannte und man nicht mehr so auf ihn aufpasste und ihn vielleicht weniger fesselte.
Wie sehr ihn das Arbeitsgeschirr und auch das Kleid behinderten, zeigte sich ja bereits hier beim Waschen am rutschigen Bachbett. Es war unmöglich, beim Hinunterbeugen nicht selbst nass zu werden. Schon entglitt ihm ein Lendentuch und trieb unerreichbar dahin. Zum Glück verfing es sich gleich einige Schritt weiter unten an einem Stein, sonst hätte er es in seinen Fesseln nicht mehr einholen können.
Um nichts zu riskieren, zog er einen losen Ast in den Bach, damit alles Abtreibende aufgefangen werde. Eine kluge Entscheidung, denn immer wieder entwischte ihm etwas.
So mühte er sich eine ganze Weile, bis seine Meisterin ihn seine Arbeit unterbrechen ließ. Durch eine kleine Hintertüre führte sie ihn wiederum an der Leine direkt in den Hauptraum der Hütte: In der Mitte stand ein länglicher Tisch von Stühlen umgeben. Dahinter, beim Vordereingang, hatte man die Beute angehäuft. Zur Rechten gingen zwei Türen ab. Direkt davor gab es eine bescheidene Kochecke, zu welcher Belu ihren Gefangenen nun zog.
Nun sollte erst einmal das Mittagessen vorbereitet werden, wobei er ihr mit niederen Hilfsdiensten zur Hand zu gehen hatte. Zuerst war Wasser zu holen. Der gefüllte Holzeimer stellte auf dem Rückweg keine geringe Last dar, zumal die Kette zwischen Hand- und Fußfesseln ständig im Wege hing. Aber immerhin hatte Konrad inzwischen von der Anreise her einige Erfahrung, sich im Arbeitsgeschirr zu bewegen.
Im Folgenden hatte er mit bloßen Händen Gemüse zu putzen, denn ein noch so kleines Messer wollte Belu ihm nicht anvertrauen. Auch das Herausschneiden schlechter Stellen aus den unförmigen Erdfrüchten, welche Belu 'Papa' nannte, musste er mit den Fingernägeln vornehmen.
Noch während der Essensvorbereitungen kam die Kapitänin mit verschiedenen Leuten ins Haus und begann, die Beute zu verteilen. Die Teils verstohlenen, teils irritierten, teils hämischen Blicke der Menschen auf die kaum noch als Mann zu erkennende Küchensklavin beschämten Konrad auf ein Neues. Schlimmer aber war es ihm, von seiner Herrin völlig ignoriert zu werden. Sie blieb gänzlich aufs Geschäft konzentriert.
Ein Schmied kam und trieb einen Eisenhaken mit einer Kette daran zwei Handbreit über dem Boden in die massive Holzwand bei der Kochstelle.
"Nicht gaffen!" schalt Belu den Sklaven. "Arbeiten!"
Konrad gehorchte mit der Ahnung, dass er noch allzu viel Gelegenheit bekäme, die Kette genauer anzusehen. Und wirklich, die Schwarze erhielt von dem Schmied noch ein schweres Schloss, mit welchem sie sogleich die Kette an Konrads Halsbandöse befestigte, wodurch er kaum noch aufrecht stehen konnte. So setzte er seine Verrichtungen zu Belus Füßen hockend fort.
Mittags löste die Meisterin das Schloss wieder, allerdings nur, um die Öse an eines der Kettenglieder weiter unten zu schließen; nun konnte Konrad nur noch jämmerlich am Boden kauern. Flugs band Belu ihm die Ellenbogen auf dem Rücken zusammen, dass sich die Handfessel vor dem Bauch straffte. Dann bekam er seinen Napf mit zerkleinerten Kartoffeln, Gemüse und sogar ein paar Speckstückchen vorgesetzt. So musste er also wieder einmal wie ein Tier fressen, derweil seine Herrin und seine Meisterin gemütlich am Tisch speisten.
Erst jetzt, da sie miteinander allein waren, erlaubte sich Hilda eingehende Blicke auf ihren femininisierten Sklaven. Zufrieden lächelte sie auf ihn nieder, was in ihm ein wohliges Gefühl der Geborgenheit hervorrief. Scheu lächelte er zurück, woraufhin sie wie belustigt schmunzelte und sich dann wieder Belu und dem Essen zuwand.

Nachmittags musste Konrad wie gehabt gefesselt die Wäsche fortsetzen und auch das Geschirr am Bach abspülen, dann im Hause staubwischen und gründlich ausfegen. Bei dieser Gelegenheit bekam er den Rest der Kapitänsbehausung zu Gesicht: die Schlafräume Hildas und Belus.
Die Herrin nannte ein mit feinem Schnitzwerk und einem schwarzen Baldachin ausgestattetes Himmelbett ihr Eigen, dazu einen passenden schweren Schrank und einen Hocker. Damit war das Gemach auch schon mehr oder weniger voll. Belus Zimmereinrichtung war lediglich etwas schlichter, doch ansonsten gleich. Vermutlich hatte sie es bequemer als jeder einfache Pirat.

Nach dem Abendessen befreiten die Frauen Konrad von seinen Fesseln bis auf das Halsband, dann befahlen sie ihm, sich auszuziehen. Belu holte ein frisches Satinnachthemd und Seile heran. Nur missmutig ließ sich Konrad den wundervoll weichen Stoff überstreifen, fürchtete er doch, die Nacht wieder draußen verbringen zu müssen. Vielleicht aber ließen sie ihn heute Nacht ja bei der Kochstelle angekettet schlafen.
Während Belu ihm die Handgelenke und die Ellenbogen streng auf dem Rücken zusammenschnürte, stopfte Hilda ihm den Ballknebel herein und wirkte dabei eigenartig frohsinnig. Wahrlich führte sie ihn dann an der Leine nicht hinaus, sondern in ihr Schlafgemach. Fast schien es Konrad, als käme er nach langer Fahrt heim.
Noch überwältigter war er, als seine Herrin ihn sich ins Bett legen ließ. Sie knotete seine Halsleine an den hinteren oberen Bettpfosten. Dann entkleidete sie sich bis aufs Hemd und legte sich zu ihrem Lustsklaven, dass er quasi zwischen ihr und der Wand gefangen war. Alles um ihn duftete nach ihrem herben Schweiß, den er inzwischen so schätzte.
Lächelnd spielte sie zwischen seinen Beinen und genoss seinen Blick, welcher zwischen Scheu, Sehnsucht und Dankbarkeit umherschwenkte. Dann ließ sie ab. "Morgen vielleicht." Herzhaft gähnte sie und legte einen Arm um ihn, sich fest an ihn zu kuscheln und ihm sacht in der Pospalte zu kitzeln.
Überraschung und Enttäuschung verflogen schnell bei Konrad. Er war bei seiner Herrin.

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© OHH 2009