Besteht noch eine Diskussionskultur oder ist die Freiheit der eigenen Meinung nur noch ein Mythos?
Schon immer schwelt im Menschen die irrationale Veranlagung, die eigene Weltsicht für die einzig richtige zu halten. Bereits unter dem verheerenden Einfluss der sogenannten "Political Correctness" hat die Diskussionskultur erheblichen Schaden genommen. Denn diese politische Korrektheit beansprucht für sich die Verordnungsmacht, worüber zu diskutieren oder auch nur nachzudenken erlaubt sei - und worüber eben nicht.
Unterschiedliche Ansichten entstehen vor allem aus verschiedenen Informationsständen. Daher ist es grundlegend wichtig, stets möglichst viele Auffassungen, Aspekte und Informationen aus verschiedenen Quellen auszutauschen und in Betracht zu ziehen.
Ein Problem dabei ist fraglos die Zeit. Doch muss man sich darüber klar sein, dass man erst dann Entscheidungen treffen kann und danach handeln darf, wenn man sich diese Zeit genommen hat. Je schneller eine Entscheidung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht ideal ist. Auch der Korrekturvorbehalt ist daher dann zunehmend unverzichtbar.
Bei Meinungsverschiedenheiten gilt es, Inhalte auszutauschen. Nur wer keine Argumente hat, greift sein Gegenüber persönlich an und belegt es mit Vorverurteilungen.
Dabei ist die Wirklichkeit - auch die politische - viel zu komplex, um sie zum Beispiel nach abstraktem 'rechts' oder 'links' aufzuteilen. Dies würde nur eine Linie bedeuten - nur eine einzige Dimension. Tatsächlich gibt es jedoch neben der Breite auch noch Länge, Höhe und Zeit. Menschen sind allerdings noch um einiges vielschichtiger. Wer seinem inhaltlichen Gegner einen offenen Gedankenaustausch verweigert, nimmt ihm die Möglichkeit des Lernens und der Veränderung der Weltsicht.
Wird gar aus eigener Sichtweise heraus versucht, in irgendeiner Form Zwang auszuüben, geht dies weit über Meinungsfreiheit hinaus. Meinungsfreiheit verendet, wo sie sich selbst abzuschaffen sucht. Ohne Meinungsfreiheit keine Demokratie.
Andere Meinungen auszuhalten, bedeutet auch, sie einfach mal unkommentiert stehen lassen zu können, anstatt sie mit der eigenen zu bekämpfen.
Wenn dann jedoch wie im Kiezboten geschehen ein Chefredakteur im eigenen Blatt eine als Leserbrief schlicht fehlbezeichnete öffentliche Gegenrede gegen einen Mitarbeiter hält, wird bereits das Feld redaktioneller Zusammenarbeit ebenso verlassen wie das eines gesunden gesellschaftlichen Umgangs. Dies um so mehr, wenn man dem derart Vorgeführten eine Stellungnahme verweigert.
Wenn man schon im Freundes- und Bekanntenkreis das Gefühl haben muss, dass die anderen die eigene Betrachtungsweise gar nicht erst hören wollen, ist die Meinungsfreiheit bereits eingeschränkt. Sie kann nur dort gedeihen, wo dem Gegenüber ergebnisoffen zugehört und der Versuch des Verstehens unternommen wird. In einem Klima der Angst hört es sich freilich nicht gut zu.
Ein hilfreiches Mittel, sich anderen Einstellungen gegenüber zu öffnen, ist das gelegentliche Selbsthinterfragen: Woher habe ich meine Ansicht? Ist sie in sich schlüssig? Dabei sollte man sich nicht selbst verurteilen, wenn man sich einmal geirrt hat. Nur wer sich selbst vergeben kann, vermag dies auch bei anderen.
Leichter mag manchem fallen, dem anderen Fragen zu stellen - wiederum ergebnisoffen, ohne selbst Antworten unterschwellig anzubieten oder durch provokative Fragestellung aufzudrängen.
"Miteinander" war auch eines der liebsten Schlagworte des großartigen Klaus Wolfermann. Gedenken wir seiner, wenn wir über andere reden, anstatt mit ihnen zu sprechen.
In den letzten Jahren hat das politisch korrekte Unterdrücken stetig zugenommen und eine Verengung des Debattenraumes stattgefunden. Daran wesentlich beteiligt waren die Leitmedien, allen voran die öffentlich-rechtlichen Medienkonzerne, welche überheblich für sich die Deutungshoheit beanspruchen.
Wir erleben schon lange einen Krieg der Medien, in welchem diese halbstaatlichen Konzerne ebenso wie die plötzlich mit ihnen verbündeten Internet-Giganten ihre eigenen "Faktenchecker" kaufen, mit denen sie sich ihre eigene Wahrheit zurechtlegen.
Seit März 2020 wird nun propagiert, nur noch eine Sicht der Dinge zu glauben und nichts mehr zu hinterfragen. Statt einer Auseinandersetzung mit gegenteiligen Meinungsinhalten wird der Abweichler in unsachlichster Weise verunglimpft. "Dem brauchst du nicht zuzuhören, denn der ist ja ganz, ganz böse!" Solches bedeutet nicht nur das Ende der Meinungsfreiheit, sondern auch jeglicher Wissenschaft. Denn letztere lebt von These und Antithese, von Versuch und Irrtum, vom Widerlegen und Verwerfen überkommener Annahmen und nicht zuletzt von der Zusammenarbeit und dem Austausch verschiedener Disziplinen und Fachrichtungen. Ohne Hinterfragung gibt es keinen Erkenntnisgewinn. Das Gegenteil von Vielfalt ist Einfalt.
Bei einer Nachricht ist es letztendlich zweitrangig, woher sie kommt. Oft weiß man nicht einmal die ursprüngliche Quelle. Daher stellt man besser Fragen an die Information: Ist sie in sich stimmig? Verträgt sie sich mit ihren eigenen Belegen? Schon wieder Arbeit, aber es lohnt sich!
Journalisten, Zeitungen und Nachrichtensendungen sind nicht in erster Linie zum Kommentieren da oder gar zur Vorgabe von Meinungen und Verhaltensregeln, sondern für sachliche, neutrale Berichterstattung. Mit solcher kann sich der Zuschauer, Hörer oder Leser dann unabhängig eine freie Ansicht bilden - und diese bei Zugewinn anderer Informationen stets aufs Neue überprüfen.
Kommen wir hingegen zum Thema Gesundheit, so kann es besonders schwerlich allgemeingültige Überzeugungen geben. Es gibt kaum etwas, das für alle Menschen gleich gut oder gleich schlecht wäre. Anders ausgedrückt: Jeder Mensch braucht individuelle Lösungen, die nur er selbst herausfinden kann.
"Die Dosis macht das Gift", wusste bereits Paracelsus. Dabei hängt die Schädlichkeit allerdings auch vom Körpergewicht des Einzelnen ab sowie von seinen Verträglichkeiten oder Allergien, dem allgemeinen Gesundheitszustand und sogar seinen Gewohnheiten. Dies gilt für Inhaltsstoffe ebenso wie für Krankheitserreger.
Man kennt das: zwei Ärzte, drei Meinungen. Kann denn ein Arzt besser wissen wie es mir geht, als ich selbst? Ein kluger, erfahrener Mediziner wird die Wahrnehmungen und Wünsche seines Patienten berücksichtigen - wenn man ihn lässt. Hier entscheidet die Meinungsfreiheit des Einzelnen über seine Lebensqualität.
In 'Füchschen' singt Reinhard Mey sehr treffend: "Du musst allein die eig'ne Wahrheit finden."
Links zum Thema:Politischer Einfluss auf ARD und ZDF (Süddeutsche)Staatssender ZDF: Kontrolliertes Fernsehen (Spiegel) Die Tendenziösität der öffentlich-rechtlichen Sender (Deutsch.rt) Missbrauch der Deutungshoheit (Heise) Nachrichtenbeeinflussung beim ZDF (Epochtimes); Regierungsnähe des ZDF (Naanoo) Dieter Nuhr über Christentum, Islam, Facebook und andere Unannehmlichkeiten (Nuhr/Praetorius) Problem GEZ und Rundfunksteuern Unabhängiger Journalismus - Liste
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