Die Wahl der Qual

Rückblick und Ausblick

(zur Bundestagswahl 2017)

Was wird nicht immer wieder für ein Aufwand betrieben, die Volksmassen zu einer politischen Wahl anzutreiben! Hierbei geht es nicht allein darum, den Einfluss der eigenen Kandidaten zu mehren. Jede Stimme spült auch Geld in die Kassen der Parteien. So ist es ganz im Sinne der beiden momentan noch immer stärksten Fraktionen, wenn eine Wahl in den Medien als Zweikampf der Giganten dargestellt wird. Außerdem machen es die Amis ja auch so.
In Wahrheit ist die Gesellschaft zum Glück sehr viel bunter und die Realität komplexer. Wussten Sie, dass uns bundesweit ganze 33 Parteien zur Auswahl standen? Zugegeben, in den einzelnen Wahlkreisen waren es weniger, da die kleinsten nicht überall kandidieren durften. Betrachtet man die hohe Wichtigkeit der Zweitstimme, bei der man ja eine Partei wählen soll, erscheint dies als kleiner innerer Widerspruch.

Na und?

Es war eine Wahl, die von Anfang an keine Überraschungen versprach. Man wusste, dass zwei Fraktionen zusätzlich in den Bundestag einziehen würden. Der Herr Schulz hatte somit keine Chance auf das Kanzleramt, weil er unter seiner Regie ganze drei (!) kleinere Parteien mit in eine dann in ganz anderem Sinne große Koalition hätte vereinen müssen. Welche drei hätten solches wohl mitgemacht? Alles sah also nach "weiter so" aus.
So wäre es Herrn Schulz und der SPD hoch anzurechnen, nicht um hoher Renten und zweifelhafter Macht willen weiter an dem Spiel der Kanzlerin mitwirken zu wollen. Jene würde es mit einer starken Opposition und zwei starken gegnerischen Koalitionären schwerer haben. Gut so! Es ist nämlich ein Irrtum, der Staat müsse alles richten. Er kann dies gar nicht. Weniger wäre hier mehr.
Manche regen sich über "die Rechten" auf und wissen auch hier wieder nicht, woher dieser Begriff eigentlich kommt. Mir stellt sich vielmehr die Frage, warum die "öffentlich-rechtlichen" Sendeanstalten die AfD jahrelang mystifiziert und großgeredet haben. Europakritikern, Nationalisten und überhaupt allen Misstrauischen oder Unzufriedenen wurde ja immer wieder vorgebetet, sie fänden hier ihre Vertretung. Die AfD hat dies dankbar angenommen und sich mit der Abspaltung des gemäßigten Flügels um Bernd Lucke 2015 rasant in die Richtung jener Ecke entwickelt, die man ihr schon zuvor stets vorgeworfen hat. Seitdem spielen sich AfD und "Öffentlich-Rechtliche" bei den politischen Nachrichtenthemen die Bälle zu. Einschaltquoten im Austausch für Wählerstimmen.
Diese zweifelhafte Rolle der regierungsnahen Medienkonzerne durchschaut inzwischen auch mancher aus den Altparteien. Schulz und Seehofer haben dies in der Elefantenrunde ganz direkt ihren eigenen Sendern vorgeworfen. Fein! Vielleicht ändert sich so schneller etwas am überkommenen Rundfunksystem.
Manche befürchten nun voreilig die Unregierbarkeit dieses Staates oder gar ein Wiederaufkommen des Nationalsozialismus. Nun, als Historiker sehe ich noch keinerlei Parallelen - außer viel Lärm und wenig Inhalt auf allen Seiten.
Wird sich also dann nach der Wahl gar nichts ändern? Zumindest nicht jene Dinge, die seit Anbeginn der menschlichen Zivilisation immer vorhanden waren wie Naturgesetze. Ein Beispiel wäre hier, dass es Ärmere und Reichere gibt. Was macht das schon, wenn selbst jeder Arbeitslose noch einen weit höheren Lebensstandard und eine bessere medizinische Versorgung genießt als die Monarchen des Mittelalters. Historisch betrachtet, sind wir alle reich.

Demokratie?

Übrigens: Was wir heutzutage Demokratie, also zu deutsch Volksherrschaft betiteln, würde die alten Athener verwundert glotzen oder vielleicht auch mitleidig auflachen lassen. Denn während sie damals über alles bis hin zu Krieg oder nicht Krieg in der Volksversammlung berieten, stimmen wir nur darüber mit ab, wer die nächsten Jahre über uns befinden darf.
Wer möchte, darf dies dennoch gut finden. Zum Beispiel, weil die Mehrheit ja wirklich nicht immer klug ist - die Politiker allerdings auch nicht, denn auch sie sind ganz normale Menschen. Sie nehmen sich nur noch wichtiger als jeder Durchschnittsbürger dies eh schon tut.
Deshalb darf und muss man abschließend den großartigen Loriot zitieren, der schon vor vielen Jahren wusste: "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen."

Dieser Artikel erschien auch im Kiezboten.

Parteiunabhängiges Umdrehen von Wahlplakaten beweist guten Geschmack, Humor und Gerechtigkeitssinn.

Bei manchen Parteien artete der Wahlkampf wieder in Straßenschmierereien aus.

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Oliver H. Herde