Kap Brabak

oder: Wo in der Welt steckt Atreo von Wolfsberg?

Eine lustige Geschichte soll ich euch berichten? Dann hört von Atreo und seinen Gefährten, wie sie sich verloren und wie sie sich wieder fanden! Als sie nämlich einst im Walde dem Dexter Nemrod begegneten, riss Atreo sein Pferd Alrik herum und floh. Seinen Freunden rief er nur noch zu: »Kap Brabak!«
Gewiss wunderten sie sich, warum er wohl so weit gen Süden zu flüchten beabsichtigte, wo man doch im Nostrischen weilte, auf dem Wege nach Winhall! Weniger wunderte man sich über die Flucht an sich. »Der wird schon wissen, was er ausgefressen hat«, meinte seine Geliebte Alandra nur trocken.
Wenn es aber nun einmal sein Wunsch war, wollten sich die Freunde bereitwillig dorthin begeben, nachdem man Dexter mit Worten abgeschoben hatte. Keiner von ihnen ahnte um jene Taverne in Havena, welche zufällig den Namen 'Kap Brabak' trug...
Die Gruppe ließ sich geflissentlich Zeit, brauchte mehr als einen vollen Mond, bis sie auch nur die Zwischenstation Havena erreichte. Man rechnete mit keiner Gefahr. Und als Alandra dort Dexter vorüberreiten sah, dachte sie sich nichts weiter dabei.

In Brabak angelangt, fragte man sich nun erstmals, wo Atreo wohl genau stecke. Gab es einen bestimmten Punkt namens Kap Brabak? Eine Sehenswürdigkeit vielleicht? Jedenfalls nicht in Brabak.
Eine Schenke möglicherweise? Tatsächlich gab es eine! Aber niemand hier kannte einen Atreo.
Man versuchte es in allen anderen Gasthäusern. Vergeblich! Man fragte im Tempel des Phex. Nichts. Man hielt Ausschau nach einem Schiff des Namens 'Kap Brabak', doch lag keines im Hafen. Man verteilte einen Steckbrief, auf dem Atreo als angeblicher Vater eines imaginären Kindes Alandras der Alimente wegen gesucht werde. Alandra verwirrte die Bevölkerung, indem sie Atreo tagelang telepatisch rief. Man bereiste gar die umliegenden Dörfer und den Dschungel.
Vierzig Tage später kannte man alle Atreos und alle Einhändigen des Kaps, den richtigen aber fand man natürlich nicht.
»Vielleicht gibt es ja eine Taverne in Havena, die so heißt«, gab der Magier Astrolabius schließlich zu bedenken.
»Oder in Winhall«, setzte Lord Schelmchen hinzu.
Die Zwergin Gudelne hingegen wusste genau: »Ach was! In dem kleinen Kaff; die hätten wir gefunden!«
So eilig von der richtigen Fährte wieder abgekommen, plante man bereits die Abreise unter dem Motto »Soll der doch uns suchen!« Selbstredend kam es nicht dazu - oder zumindest anders: Der König, auf die Helden aufmerksam geworden, warb sie für einen Geheimauftrag im Südmeer an.

Atreo indes erlangte die Einsicht, seine Freunde kämen wohl nicht. Etwas musste geschehen sein! So verließ er sein Versteck im Keller der Havenaer Taverne 'Kap Brabak', Nachforschungen anzustellen, prügelte sich noch ein wenig mit Dexters Schergen und reiste dann nach Winhall, den Boltan-Kumpel Raidri nach dem Verbleib seiner Geliebten zu fragen. Von dort begab er sich stirnklatschend gen Brabak, welches er drei Tage nach Abfahrt der Gesuchten erreichte. Seine Erkundigungen erweckten beim König den Argwohn, er sei ein Al'Anfanischer Spion. Dem Kerker zu entrinnen und gewiss, seine Kameraden in dieser Stadt nicht zu finden, heuerte er - einer humoristischen Eingebung folgend - auf der 'Kap Brabak' des Festumer Handelshauses Stoerrebrandt an.
In dessen Auftrag mischte er sich später auch in die Interessen der Stadt Unau ein. Und es war gewiss kein Zufall, als Alandra dieser Tage auf hoher See von einem tulamidischen Kerker träumte: Ihr Geliebter malte soeben etwas an eine tür- und fensterlose Wand, um dann grinsend die Augen zu schließen - und zu verschwinden!
Von hier aus machte sich Atreo stracks nach Bethana auf, wo er die Freunde im Mond des Nachtgottes aus geschäftlichen Gründen zu treffen hoffte. Und diesmal war es wohl Zufall, als sie ihn in einer grünen Kristallkugel in einem Schreibzimmer einer Schifffahrtsgesellschaft beobachten konnten.
Als der Mond verstrichen und klar, sie kämen nicht, war Atreo des Versteckens leid. Er brach wiederum nach Winhall auf, um sich dort für einen Besuch beim kaiserlichen Prinzen zu rüsten und zu klären, was jener Dexter eigentlich gegen ihn einzuwenden habe.

Die Freunde derweil irrten im Südmeer herum, und setzten sich unter schweren Verlusten an Menschen und Material mit Stürmen, Piraten, Spionen, exotischen Urwaldwesen und allerlei Meeresgetier auseinander. Und kaum, dass 104 Reisetage vergangen, kehrten sie nach Brabak zurück, wo sie schon im Hafen ein fast fertiges Schiff auf Reede liegen sahen, welches keinen anderen Namen trug als 'Kap Brabak'. Auch staunte man nicht schlecht, als man von dem Brabaker Auftritt des Einhändigen erfuhr. Da ersterer aber ohnehin gut drei Monde zurücklag, eilte man sich nicht, letzterem zu folgen.
Erst einen weiteren Mond später schiffte man sich auf der Brabaker 'Kap Brabak' ein, welche in Festum eine Namensänderung des anderen Schiffes erreichen sollte. In Thalusa kam man auf die Idee, doch einmal nachzufragen, wann die Festumer 'Kap Brabak' immer hier anlege. Nach langem Blättern und rechnen des Schreiberlings, stellte sich heraus: Sie lag gerade im Hafen! Auf ihr erfuhr man von Atreos lange zurückliegendem endgültigen Landgang in Kannemünde bei Unau. So wechselten die Helden die 'Kap Brabak' und fuhren wieder gen Mittag.
In Kannemünde fand man eine ältere Ausgabe der 'Havena-Fanfare'. Wer aber hätte ihrem Bericht über einen Lagerhausbrand schon eine Bedeutung beigemessen, bloß weil Dexter dort erwähnt war!
Nach Streitigkeiten auf dem Unauer Markt führte man Alandra und Gudelne in einen Kerker, der ersterer verdächtig bekannt vorkam. An der Wand konnte man auch noch vage einen Schriftzug erkennen. Nein, wie kommt ihr auf 'Kap Brabak'? Dort stand selbstverständlich 'Ausgang'!
Als man genügend lange Zeit in der Wüste verbracht hatte, folgte man Atreo auch sogleich nach Bethana, welches er kaum fünf Monde zuvor verlassen hatte. Wohl wusste man seinen Spruch, sich nun in die Höhle des Greifen wagen zu wollen, sofort zu deuten. Doch da man ihn nicht einholen zu können glaubte, setzte sich wiederum »Soll der doch uns suchen!« durch. Sie ahnten nicht, dass er sich seit Monden nicht mehr fortbewegt hatte und dies auch nicht in absehbarer Zeit tun würde...

So ging ein jeder für einen halben Sonnenlauf seiner Wege. Jene legendäre Kraft also, die von verwirrten Brabaker Gelehrten bisweilen nur 'der Meister' genannt wird, musste sich folglich Besseres einfallen lassen, sollte die Gruppe dereinst wieder einmal zusammenfinden. Während der Trennung erfuhren alle für sich von scheinbar unzusammenhängenden Dingen: Verschwundene Zwerge im Kosch, die Prophezeihung eines Drachen und ein Brief an Atreo. Aus letzterem ging hervor, Atreo war vor nun beinahe einem Sonnenlauf nach Gareth aufgebrochen und nicht wiedergekehrt. Dies beunruhigte eigentlich niemanden so recht., auch die Zwerge vergaß man bald.
Voller Sorge jedoch stürzte man sich auf die vage Weissagung Shafirs des Prächtigen: »Aus jener Richtung« - und dabei hatte er ungefähr nach Nordosten gewiesen - »droht dem Kaiserreich, dem Norden und Aventurien bald höchste Gefahr.« Man musste den Kaiser warnen! Völlig belanglos, was für einen 1800 Jahre alten Drachen wohl 'bald' bedeuten möge! Absolut nebensächlich, dass die gewiesene Richtung nicht allein schon viele der größten Städte Aventuriens bezeichnen konnte, dazu Zahlreiche Gebirge und Ländereien bis hin zum Ehernen Schwert!
Erst nach längerer Beratung beschloss man, einen Umweg über Havena und Winhall zu nehmen.
In der Deltastadt erfuhr Gudelne wahrhaft rein zufällig von einer Ingerimmstatue im Efferdtempel, die sie und die anderen sogleich zu besichtigen trachteten. Man verlief sich ein wenig auf dem Wege dorthin und kam vorbei an einem niedergebrannten Lagerhaus und einer Schänke. Da erhob sich ein jämmerlich Geschrei und Wehklagen! Denn jene Schenke hieß 'Kap Brabak'...
Sowohl der Wirt, als auch der Elf Feledrion, als auch Raidri in Winhall bestätigten nochmals Atreos Verschwinden jeweils vor wenigstens zehn Monden. Nun endlich eilte man sich - ein wenig.
Hinter Gratenfels weigerten sich die Helden seltsamerweise geschlossen, das Wirtshaus zum Schwarzen Keiler zu betreten, obwohl es doch keiner von ihnen kannte. Statt dessen weckte der Hügel dahinter ihr Interesse. Dort nämlich stieg mitten im Walde Rauch aus einem Schornstein auf, und man vernahm von unten goblinische Wortfetzen. Um es kurz zu machen: Graf Baldur hielt die Reisenden für Spione, sie ihn hingegen lediglich für wahnsinnig, und befreiten nach allerlei Metzeleien die vermissten Koschzwerge aus dem Minenhügel. Damit schien Baldur nicht weiter von Belang, und man setzte den Weg fort.
In Gareth musste man drei Tage auf eine Audienz bei Prinz Brin warten - eine Zeit, die man höchst sinnvoll zu nutzen wusste: Astrolabius und sein Schüler Alrik machten eine Sauftour, Lord Schelmchen versackte im Rahjatempel, Alandra forschte ein weiteres Mal vergeblich nach (für sie) hochwichtigen Informationen über das seit Jahrtausenden vergessene Volk der Araxilu, und Baumeisterin Gudelne zeichnete mal wieder die halbe Stadt ab.
'Euch geb ich's!' dachte jene Kraft, die alles lenkt und so waren Brins erste Worte: »Schön, dass wenigstens Ihr kommt!« Die Freunde durften nun erfahren, dass Atreo beinahe einen Sonnenlauf zuvor ebenfalls eine Audienz ersucht hatte, dazu jedoch nie erschienen war.
Und nun - nun endlich wuchsen die Helden über sich hinaus. Nun suchten sie nach Atreo. Nun arbeiteten sie zusammen. Und nun stellten sie die richtigen Fragen.
Sie erkundigten sich, wohin Brin Sekretäre eine etwaige Terminänderung der Audienz hätten melden können. In jenem Gasthaus erfuhren sie, dass Atreos Sachen dereinst von der Stadtwache abgeholt worden waren. Und im Stadtgefängnis hörten sie, Atreo sei bald darauf an Dexter Nemrod ausgeliefert worden.
Lord Schelmchen steckte noch schnell die Requirierungsliste ein... Astrolabius untermauerte den Verdacht, Atreo säße in den Bleikammern von Rommilys ein, durch Sterndeutung. Dann brach man auf.
Wie es das Schicksal wollte, stießen die Reisenden vor Rommilys auf einen toten Boten am Boden. Schon eine oberflächliche Durchsuchung der Post ergab als einen der Adressaten Baldur Greifax! Neugierig geworden, vergaß man Postgeheimnis wie Adelsprivilegien. Der Brief erzählte etwas von einer Sohnschaft, die nicht zu klären sei. Und wenn auch weder der potentielle Vater noch der Sohn genannt wurden, und obwohl keiner dies äußerte, spekulierte doch mancher, ob Atreo wohlmöglich vom irren Baldur abstamme.

In Rommilys plante man sehr genau das weitere Vorgehen, war man doch an offenen Auseinandersetzungen mit der KGIA nicht sonderlich interessiert... Dank der Requirierungsliste erinnerte man sich an Atreos gute Beziehungen zu Nostria und begann ein lustiges Schauspiel vorzubereiten. Gudelne erkundete das Gelände mit ihrem Fernrohr. Dann fälschte sie ein Schreiben mit einem Wappensiegel nach einer Vorlage, die Lord Schelmchen im Phextempel beschaffte. Astrolabius verkleidete sich als nostrischer Gesandter, Alandra als seine Leibwache.
So kostümiert, verlangten sie am Bleikammernkomplexgeländehaupteingangstor, den wachhabenden Offizier zu sprechen. Dieser wurde zögerlich geholt und ließ die vermeintliche Gesandtschaft nach kurzem Hin und Her in seine Amtsstube. Astrolabius erklärte, Atreo habe sich widerrechtlich Gunst und Wappenring König Kasimirs angeeignet, und man wolle das Schmuckstück - womit weder Atreo, noch der König gemeint waren - zurückhaben.
Der Obrist verwies die beiden - womit wiederum weder Atreo, noch der König gemeint sind - an jemanden aus der Gefängnisverwaltung.
Dieser aber konnte keinen Atreo in den Akten finden. Als man ihm jedoch offerierte, wer Atreo verhaftet hatte, schickte der Aktokrat Alandra und Astrolabius in die Sonderabteilung der Inquisition.
Doch auch der dortige Archivar konnte keinen Atreo in seinen Akten finden. Als man ihm jedoch offerierte, wer Atreo verhaftet hatte, leitete der Griffelhalter die Gesandtschaft an seinen Vorgesetzten weiter.
Selbiges wiederholte sich zwei Mal.
Letztlich stand man vor dem obersten Praioten von Rommilys. Diesem nun endlich war ein Atreo bekannt - wenn auch kein Edler, aber dafür einhändig. Alle Akten des Falles lägen jedoch in Dexters Büro.
Nach zähen Verhandlungen vermochte Astrolabius die Aushändigung des Ringes und eine Befragung des Häftlings nach der neuartigen aber nichtsdestotrotz gefürchteten 'Havena-Methode' durchzusetzen. Mit mehreren Praioten als Bewachung betrat die Gesandtschaft Dexters unbesetztes Arbeitszimmer. Vorsichtig, möglichst nichts einer unnötigen Berührung aussetzend, schauten sich die Praioten um, wobei Astrolabius und Alandra einen Blick auf Atreos Wappenrock im Schrank erheischen konnten. Eine Schatulle mit dem Namen Atreo wurde gefunden. Sie war verschlossen. Um des lieben Friedens Willen - und um die geheimnisvolle 'Havena-Methode' kennenzulernen - ließ die nominell große Leuchte einen Schlosser kommen, der das Kästchen mit aüßerster Behutsamkeit öffnete und Astrolabius übergab.
Ein Ticken erklang.
Astrolabius wunderte sich.
Mit einer Stichflamme ging der papierne Inhalt in Rauch auf. Lediglich ein angekokelter Schnipsel blieb übrig, den der angekokelte Magier sorgsam verwahrte.
Die aufgelösten Praiosgeweihten dachten nur noch daran die Nostrianer möglichst schnell wieder loszuwerden. Im Schrank fand man den Ring, der Astrolabius übergeben wurde. Doch letzterer bestand auch noch auf die Befragung nach der sagenumwobenen 'Havena-Methode'.
Die Gesandten wurden also wohl oder doch eher übel in den Befragungsraum im oberen Untergeschoß geführt, wo Atreo in gewünschter Weise hergerichtet worden war. Neugierig beobachteten die Praioten jede der verwirrenden Bewegungen des Magiers und versuchten, sein sinnloses Gemurmel zu verstehen. Die wirkliche Befragung führte hingegen die derweil von allen außer Atreo unbeachtete Alandra mit Hilfe ihrer telepathischen Sendefähigkeit. Atreo antwortete mit verschiedensten Zuckungen, die die Praioten für Folgen des Verhörs hielten. So erfuhren die Helden, dass Atreo im zweiten Untergeschoß, links, vierte Tür einsaß.

Der erbeutete angebrannte Brief sprach von einem Mann thorwalscher Abkunft, gegen den Baldur und Dexter einst, noch vor Atreos Geburt, etwas im Schilde führten. Das musste der gemutmaßte Vater sein! Zuerst verfiel man auf Cuanu ui Bennain, doch dann erkannte man, es handele sich wohl um Raidri Conchobair!
Den gesamten nächsten Tag benötigte man zur Vorbereitung der Befreiungsaktion. Lord Schelmchen sollte wegen seiner Schleichfähigkeiten allein einbrechen und Atreo erretten. Gudelne stattete ihn hierzu mit ihren Spezialdietrichen und einem jammervoll teuren Unsichtbarkeitselixier aus. Astrolabius belegte Kleidungsstücke des Schelms mit Zauberladungen. Alandra und Alrik warteten vom Abend an mit den Pferden vor der Stadt.
Als der Schelm zur Mitternacht magisch aufgeladen ward, zogen sich auch Astrolabius und seine zwergische Leibwächterin zurück und verließen Rommilys über die Stadtmauer, was der nun völlig entkräftete Magier allein nicht mehr geschafft hätte.
Der Schelm durchschritt derweil die Umfassungsmauer der Bleikammern und näherte sich im geeigneten Moment einer Seitentür des Gebäudes. Leider bekam er sie trotz der Dietriche nicht geöffnet. Also ging er auch durch sie hindurch. Ein schmaler Gang endete vor der Tür zum Hauptkorridor. Doch auch diese Tür verweigerte sich ihm. Um nicht schon hier und jetzt seine gesamte astrale Kraft für ein paar Türen zu verschwenden, versuchte er es über den Umweg eines Amtszimmers, mit dessen beiden Türen er mehr Glück hatte. Mittels seines araxiluschen Bumerangs verwandelte er den Wächter und dessen Ausrüstung in ein Blatt Pergament. Nun hatte er noch zwei Ladungen für diesen Tag. Jedoch spürte er, der Zauber würde diesmal nicht lange vorhalten. Sich in dieser höchsten Gefahr wissend, sah er sich gezwungen, das Blatt durchzureißen. Dann knackte er die Gittertür zur Treppe. Als Praiot schelmenmaskiert, schritt er hinab. Doch der Wächter auf der anderen Seite der unteren Gittertür fiel nur so lange darauf herein, bis der Schelm auch diese nicht zu öffnen vermochte.
Ein zerrissenes Pergament später musste der Schelm warten, bis sich die Schlüssel des Wächters zurückverwandelten.
Ein weiteres Stockwerk tiefer gelang der Trug. Und als der dortige Wachmann seinen Rücken kehrte, beblies ihn Schlemchen mit einem Schlafgiftpfeil. Der traf jedoch nicht, was letztlich zum dritten zerrissenen Pergament führte.
Durch eine Zellentür hörte der Schelm unvermittelt eine Stimme: »Heh, du bist doch ein Wechselbalg, ich rieche das! Befrei mich!«
Kein Zweifel, dort war ein Kobold gefangen! »Gleich! Erst meinen Freund!« Da stellte er fest, es gab links auf jeder Gangseite eine vierte Tür. Mit leisen Rufen und dem Glück, dass kein Schwarzmagier seine Stimme verstellte, fand er die richtige. Und es gelang ihm sogar, sie zu öffnen, ebenso die Ketten an Atreos Hals und rechtem Handgelenk. Atreo musste sich ausziehen und den Unsichtbarkeitstrank schlürfen. Nur der Handschuh, den Atreo nicht ausziehen konnte, war nun noch zu sehen.
Die Zellentür des Kobolds bezwang Schelmchen jedoch wiederum nicht. Er war schon drauf und dran, die Dietriche zornig wegzuwerfen, da wurden sie von Atreos herumschwebenden Handschuh ergriffen.
Der Kobold wurde also befreit, doch auf dem Weg hinaus konnten sich Schelm und Streuner gar nicht mehr an ihn erinnern...
Mit Astrolabius' Teleportvariante schickte Lord Schelmchen Atreo zehn Meilen südwärts und dann sich selbst hinterher.

Als die Gruppe nun am frühen Morgen wieder zueinanderfand, saß plötzlich der Kobold auf den Schultern des Schelms. »Ich hab mich noch nicht bedankt!« grinste er. Schon sprang er auf Astrolabius über und blies ihm ins Ohr, dass auf der anderen Seite ein Kuckuck herauskam. Da endlich verstand der Magier den einst vom Schelm erlernten Verschwindibus besser!
Dem Alrik zog der Kobold einen singenden Kochlöffel aus der Nase.
Alandra öffnete er die Schädeldecke, dass den anderen schon ganz schlecht wurde. »Das kann ja nicht funktionieren!« grölte er. »Alles voller Würmer!« Solche holte er denn auch sogleich zum Schrecken der anderen mit beiden Händen aus ihrem Kopf hervor, was Alandra furchtbar kitzelte. Und siehe da! Ihre Telepathie reichte fortan weiter.
Dem Schelm gab der Kobold einen heißen Kuss und verlangte dann mit einem diabolisch feixenden Seitenblick auf die argwöhnische Zwergin: »Mach mal Pft!« und klopfte ihm ungeduldig auf den Hinterkopf, bis dass er hörte, was er hören wollte. Sogleich fühlte sich Gudelne irgendwie aufgeblasen. Ihre Wangen blähten sich, dann ihr Bauch, bis sie sich in die Luft erhob. Eilig packte sie Atreo an den Füßen, bevor sie davonschwebte. Da ließ der Kobold die Luft aus ihr wieder heraus und sie sauste wie eine aufgeblasene Schweinsblase einher.
Am liebsten hätte sie ihn daraufhin zerhackt, doch da entschuldigte er sich zuckersüß und überreichte ihr einen Kriegshammer. »Unzerbrechlich.«
Zuletzt verschwand er kurz mit Atreo, und den anderen wurde dabei ganz schummrig.
Wieder sichtbar, verneigte er sich, dann löste er sich auf.
Der Magier wollte nun dem ausgemergelten, nackten Atreo die Rechnung präsentieren. Jener aber nahm ihn nicht für voll und freute sich, nach 560 Tagen endlich wieder Alandra in die Arme fallen zu können.
In ihrer Furcht vor dem Zorn Dexter Nemrods verließen die Helden nun das Land nach Aranien - einen lebenden Hammer im Gepäck...

Woher ich dies aber alles weiß, und was ich daran so komisch finde? Nun, ihr ahnt es wohl: Ich bin jener befreite Kobold, und mein Name ist Back - KAPPRA BACK!


Atreos Haus

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