Was ist DEIN erstes Programm?
Im Frühjahr 15 erreichte ich mit meinen Betrachtungen über die öffentlich-unrechtlichen Medienkonzerne endlich eine eigentlich naheliegende, doch für mich neue Erkenntnis: Warum sollte ich die ersten beiden Senderplätze meines Fernsehers an ARD und ZDF verschwenden!?
Bis dahin hatte ich mich mit der Programmplatzwahl noch ein wenig an den uralten Gewohnheiten aus der Kindheit, den bisweilen numerischen Namen der Sender und an der Gratis-Fernsehzeitung orientiert. Allerdings war ich bei meiner Suche nach einer halbwegs geeigneten Begleitbeschäftigung zum Abendessen schon seit längerem immer unzufriedener geworden.
Ich erkannte zunächst einmal, dass mir auch eine Fernsehzeitung keinerlei Hilfe bei der Auswahl bot. Das Gratismachwerk bildete nicht einmal alle Sender ab, und auch die kommerziellen nahmen sämtlich mir nicht nachzuvollziehende Gewichtungen vor. Dank Videotext und Elektronischen Programm-Systems (EPS/EPG) kann man sich papierlos über Sendungen informieren, selbst wenn man kein Internet hat. Fazit: Fernsehzeitungen sind für mich überflüssig.
Derart geistig befreit wurde mir im zweiten Schritt klar, dass Prosieben nicht auf dem siebten Platz liegen muss, ebensowenig wie Tele 5 auf dem fünften oder N24 auf dem vierundzwanzigsten. All die sogenannten "dritten Programme" können sich ja auch schwerlich einen Platz mit 3-Sat teilen - obwohl eine tatsächliche Zusammenlegung der Sender sicherlich gar nicht so unsinnig wäre. Um den ersten Platz würden nach diesem Vorgehen Sat1 und Kabel 1 mit der ARD konkurrieren und hätten dabei aus bloßer Namensgebung heraus die viel besseren Argumente, da sich hinter letzterem ja nur "Allgemeine Rundfunkanstalt Deutschlands" verbirgt.
Dieses Monster stammt noch aus einer Zeit, in welcher es überhaupt nur ein Programm in der Bundesrepublik Deutschland gab. Inzwischen jedoch sind sie auch schon lange nicht mehr zu zweit oder zu dritt. Ich trage aber auch keinen Lendenschurz mehr, bloß weil der mal in der Steinzeit modern war.
Solcherart erhellt, vermochte ich das einzig Sinnvolle zu tun: die Sendeplätze nach meinen persönlichen Vorlieben zu belegen. Programme, die mir häufiger etwas zu bieten hatten als andere, gehörten entsprechend weit nach vorne. Verkaufssender, fremdsprachige, Sport und Doppelsender wie RBB Brandenburg als fast vollständigem Spiegel von RBB Berlin hatte ich bereits zuvor völlig aus meiner Liste gelöscht.
Während der folgenden zwei Jahre blieb meine Senderliste nicht gänzlich in seiner Reihenfolge unverändert, aber doch im Wesentlichen bestehen. So belegten die ersten elf Plätze bei mir ausschließlich Privatsender, bevor Arte als für mich noch interessantester Staatssender vor den beiderseitigen Doku-Kanälen folgte. ARD und ZDF belegten zwei der hintersten Plätze.
Seit der Umstellung auf DVBT2 am 29.3.17 habe ich allerdings gar keinen Fernsehempfang mehr und fühle mich viel wohler damit. Während der Corona-Hysterie habe ich sogar wieder begonnen, Nachrichten zu sehen oder zu hören, allerdings bemühe ich hierfür unabhängigen Journalismus.
Warum das Ganze? Neben dem schlichten praktischen Nutzen, sich zuerst durch die für einen selbst erfolgversprechenderen Sender klicken zu können, gibt es noch einen nicht zu unterschätzenden ideellen: In den Köpfen muss endlich aufgeräumt werden. Die Staatssender ARD und ZDF haben in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung und an Publikum erheblich verloren. Dem sollte man zum eigenen Nutzen auch im heimischen Fernseher Rechnung tragen - sofern man denn überhaupt noch fernsieht.