Aminata und Fritz erkunden die Welt
(3)

Fragen über Fragen

Konzept Narcisse Djakam; Text Oliver H. Herde; Illustration Katrin Kerbusch

Als Fritz' Onkel Gebhard das nächste Mal in das kleine Dorf am Kilimandscharo kommt, hört er bald schon Aminata seinen Namen rufen. Sie wirkt aufgeregt, wie sie so auf ihn zustürmt.
"Hallo Aminata! Was ist denn los?" fragt er freundlich.
Sie aber schaut ein wenig vorwurfsvoll drein, was ihr durchaus schwerfällt, weil sie den Mann mit dem lustigen großen Hut ja eigentlich recht gerne mag. "Ich habe nachgedacht", beginnt sie. "Wenn die Leute wegen des Klimas und der Sonne in Europa so bleich sind, müsstest du doch inzwischen viel dunkler geworden sein, weil du schon so lange hier in Afrika lebst!"
Gebhard schmunzelt. "Da hast du recht, und das bin ich auch ein ein wenig. In Deutschland war meine Haut noch heller."
Das kann sich Aminata kaum vorstellen. Mit großen Augen sieht sie ihn an und wartet auf eine bessere Erklärung.
"Weißt du, Aminata, die Vererbung spielt auch eine Rolle."
Nun werden Aminatas Augen tatsächlich noch größer. Was meint der Gebhard nur?
"Schau, du hast sicher schon bemerkt, dass du deinen Eltern ähnelst. Dies ist kein Zufall, sondern gilt für alle Kinder. Wenn die Eltern lange Nasen oder kleine Hände haben, ist dies bei den Kindern meistens auch so. Das gilt auch für die Farbe der Haut. Deutliche Veränderungen geschehen gewöhnlich erst über mehrere Generationen. Die Unterschiede zwischen den Völkern haben sich vor Jahrtausenden herausgebildet, als die Menschen noch nicht so viele waren, und sie noch keine Autos, Eisenbahnen und Flugzeuge erfunden hatten, wodurch es damals weniger Austausch zwischen den Stämmen und Völkern gab. Heutzutage verwischt sich das wieder stärker, weil Entfernungen eine immer geringere Rolle spielen. Und gerade die Haut passt sich vergleichsweise schnell, also über wenige Generationen an die Umwelt an."
Bei so vielen neuen Informationen muss Aminata erst einmal tief durchatmen und über all dies nachdenken. So ganz zufrieden ist sie noch immer nicht.
Da kommt ihre Freundin Jagodia herbeigelaufen. "Aminata, hier steckst du! Wir wollten doch Bao spielen!"
"Stör' mich jetzt nicht!" schimpft Aminata. "Ich will doch noch so viel von Gebhard wissen!"
Jagodia und Gebhard schauen das Mädchen neugierig an.
"Mist; jetzt habe ich vergessen, was ich noch fragen wollte", grollt Aminata jedoch.
"Bestimmt fällt es dir wieder ein", tröstet Gebhard. "Ich bin ja noch ein paar Stunden hier."
"Na gut, gehen wir spielen", beschließt Aminata und zieht Jagodia energisch mit sich fort.

Fortsetzung: Großvaters Groll


Diese Geschichte erschien auch im Kiezboten.
© Text: Oliver H. Herde, Narcisse Djakam
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